Jörg Haiders FC Kärnten

Heil Waidmannsdorf

Als Präsident des Fußballklubs FC Kärnten hat es Jörg Haider, das »einfache Parteimitglied« der FPÖ und der Landeshauptmann von Kärnten, geschafft, seine Medienpräsenz zu verdoppeln.

Die meisten Österreicher werden es entweder gar nicht mitbekommen oder mit Achselzucken zur Kenntnis genommen haben, doch der Fernsehabend des 24. Juni 2001 war mit einer Prise Denkwürdigkeit gewürzt. Denn just zu dem Zeitpunkt, als die allabendliche »Zeit im Bild«-Nachrichtensendung hätte laufen sollen - und zwar auf beiden Kanälen des ORF - plauderte im ersten Programm der Präsident des Fußballklubs FC Kärnten über die Ziele seines Vereins in der kommenden Saison.

Zur Erklärung: Der Klub aus Österreichs südlichstem Bundesland hatte soeben den Aufstieg in die oberste Spielklasse geschafft und sogar den Pokalsieg (2:1 gegen den österreichischen Meister FC Tirol) errungen. Eine durchaus bemerkenswerte Leistung, doch kein Grund, eine Sportsendung mit wenig weltpolitischer Relevanz auszudehnen und die Nachrichten zu verdrängen.

Dass es dennoch geschah, lag, so mutmaßten sogleich die Kritiker, an der Person des Vereinspräsidenten - nämlich an Jörg Haider, dem »einfachen Parteimitglied« der FPÖ und dem Landeshauptmann von Kärnten. Was die Mediensprecher der Oppositionsparteien (SPÖ, Grüne) jedoch besonders erzürnte war die Tatsache, dass parallel zum Haider-Interview noch einmal Haider lief. Diesmal in gewohnter Pose und in voller Aktion bei seiner flammenden Rede auf dem Sonderparteitag der Freiheitlichen in Wien.

Während der Informationsintendant des ORF, Hannes Leopoldseder, die frühabendlichen Haider-Festspiele verteidigte, gestand selbst Generalintendant Gerhard Weis: »Die Optik ist bedauerlich, aber ich erkenne keinen besonderen Willen dahinter.« Nachsatz: »Da ist etwas daneben gegangen.«

Doch da war es schon passiert. Der ORF ist Haider abermals in die Falle getappt, ihm gelingt es einfach immer wieder, Schlagzeilen zu erzeugen. Mehr noch. Man scheint sie ihm nahezu aufzudrängen.

Seit seinem Abgang als Parteiobmann der FPÖ im Frühjahr 2000 musste Haider andere Wege und Mittel finden, sich ins Rampenlicht zu spielen. Mit Erfolg. Kein anderer Landeshauptmann ist dermaßen oft zu sehen, von keinem ist so viel zu hören oder zu lesen, kein anderer Politiker seines Ranges dominiert seine Partei so wie er. Selbst »Schweigekanzler« Wolfgang Schüssel ist in den letzten Tagen wieder ins Schussfeld Haiders geraten. Führende Kommentatoren des Landes sind sich im übrigen immer noch einig, dass es allein an ihm hängt, wie lange die schwarz-blaue Koalition von ÖVP und FPÖ besteht. Er zieht die Fäden und lässt die Puppen tanzen. Sowohl in der eigenen Partei, als auch beim Regierungspartner und in den Medien. Wenn er nicht mehr will, dann ist es vorbei. Mit der Regierung genauso wie mit der FPÖ.

Seine Präsidentschaft beim FC Kärnten blieb hingegen seltsamerweise über lange Zeit unbemerkt. Erst nach den Erfolgen des Vereins in der Meisterschaft und im Cup häufen sich auch die Fernsehauftritte des Vereinspräsidenten Haider. Ehrlich, wie er nun mal ist, gestand er auch gleich, dass er vom Fußball eigentlich nichts verstehe und nicht allzu lange Präsident sein wolle und überhaupt sollten Politiker dem Sport nicht dreinreden. Aber die viel diskutierte Zulassung von acht statt fünf Nicht-EU-Ausländern in jedem Verein komme für ihn nicht in Frage. Schließlich habe Österreich genug junge Talente.

Abseits des Fußballplatzes zeigt sich Jörg Haider sehr trickreich. Kaum stand der Aufstieg in die höchste Spielklasse fest, präsentierte er schon den neuen Hauptsponsor, das Kärntner Energieunternehmen Kelag. Es wird den FC Kärnten in den nächsten drei Jahren mit einem Fünftel seines Budgets versorgen. Das Finanzvolumen des Vereins beläuft sich somit auf geschätzte 50 bis 70 Millionen Schilling (3,6 bis 5,1 Millionen Euro).

Und obwohl Haider eine gewisse fachliche und ideologische Distanz zum Fußball nicht leugnen kann, wirft sich der Präsident auch für den Rest des Landes ins Zeug. Beim freundschaftlichen Länderspiel der einen Alpenrepublik (Österreich) gegen die andere (Schweiz) am 15. August wird Kärnten sich offiziell als Austragungsort von EM-Endrundenspielen im Jahr 2008 bewerben. Dazu bedarf es jedoch eines Stadions mit mindestens 30 000 Sitzplätzen. Und obwohl die Besucherzahl von 30 000 bei einem Fußballspiel in Österreich nur alle paar Jahre erreicht wird, träumt man in Klagenfurt schon von vollen Rängen.

Das derzeitige Stadion »Waidmannsdorf« ist kürzlich etwas renoviert worden und fasst gut 10 000 Zuschauer, die vor zwei Wochen einen fulminanten 3:0-Sieg gegen den Rekordmeister Rapid aus Wien sehen konnten. Seither ist im Land des Aufsteigers wieder die Normalität eingekehrt, denn zwei Auswärtsspiele in Graz bei SK Sturm und GAK ergaben insgesamt auch zwei Niederlagen und ein Torverhältnis von 0:8.

Der Präsident und Landeshauptmann Jörg Haider wird deswegen nicht gleich den Aufstand proben. Dazu fehlt es ihm schlichtweg an Fußballbegeisterung. Dass es im Verlauf der aktuellen Meisterschaft wegen permanenter »Schraufm« (ugs. für »hohe Niederlagen«) zu Einmischungen des Präsidenten kommen könnte, ist aber durchaus wahrscheinlich. Denn was Haider partout nicht leiden kann, sind umständliche Vereinsmeier. Dafür hat er keine Geduld. So wenig sich seiner Ansicht nach Politiker in sportliche Belange einmischen sollten, so wenig mag er es, wenn ihm jemand dreinpfuscht. Und wer mal an der Macht ist, der will sie nicht so schnell wieder hergeben, auch wenn sie sich auf einen Provinzklub in einer schwachen Fußball-Liga beschränkt. Schon gar nicht Jörg Haider.

In der aktuellen Meisterschaft werden die Kärntner Kicker wohl keine allzu große Rolle spielen. Man gilt zwar nicht als erster Abstiegskandidat, doch für das obere Tabellendrittel fehlt die Klasse. Einzig der Trainer Walter Schachner - Mitspieler bei der legendären »78er-Partie« (Cordoba!) - scheint derzeit zu ahnen, dass nur der Weg das Ziel seiner Truppe sein kann. Denn sofern man in Österreich überhaupt von modernem Fußball sprechen darf, versucht sich zumindest Schachner daran. Die eine oder andere Überraschung wird der FC Kärnten also sicher noch liefern. Mehr aber nicht.

Wesentlich mehr Brisanz verspricht hingegen der internationale Einsatz des Liga-Neulings, der durch den Sieg im Cup-Finale möglich wurde. Weniger auf sportlicher Ebene, denn es ist kaum anzunehmen, dass man die erste Runde übersteht. Aber der reisefreudige Präsident, der die Mannschaft mit Sicherheit zu den Auswärtsspielen begleiten wird, könnte für ein Raunen auf den Rängen und in den Medien allemal sorgen. Man darf gespannt sein, welche Fragen Haider von den Journalisten gestellt werden. Die Auslosung für die erste Hauptrunde im Uefa-Cup findet am 24. August statt.