Die mazedonische Regierung kritisiert die Nato

»Uns fragt hier gar keiner«

Interview mit Antonio Milososki

Die mazedonische Regierung bezeichnet die genannte Zahl der von den UCK-Guerilleros abzugebenden Waffen als »Beleidigung«. Warum haben Sie der Nato-Intervention überhaupt zugestimmt?

Was sollten wir anderes machen? Wir wissen ganz genau, dass wir mit der Nato jene Leute ins Land holen, die diese UCK-Monster geschaffen haben. Aber uns fragt momentan überhaupt keiner. Mazedonien gilt ja teilweise nicht mehr als souveräner Staat.

Wie viele Waffen hat denn die UCK tatsächlich?

Allein 6 000 Waffen sind den Kfor-Patrouillen an der Grenze zum Kosovo in die Hände gefallen. Das gibt schon einen Hinweis darauf, wie viele Waffen die UCK hat. Außerdem fehlen noch immer rund 450 000 Waffen aus den 1997 geplünderten Waffenlagern in Albanien. Wenn Sie dann noch die militärische Unterstützung der Nato für die Rebellen hinzurechnen, so ist es offensichtlich Blödsinn, über 3 300 Waffen zu sprechen. Ganz abgesehen von der Qualität der Waffen. Die sind ja alle museal. Und überlegen Sie mal: 5 000 Nato-Soldaten passen auf derzeit rund 1 500 abgegebene Waffen auf. Das sind mehr als zwei Soldaten pro Maschinengewehr.

Am Freitag gab es wütende Proteste von Mazedoniern vor dem Parlament in Skopje. Hat die mazedonische Regierung den Nationalismus in den eigenen Reihen noch unter Kontrolle?

Die Nato bestätigt unsere Hardliner in ihren Ansichten. Derzeit ist es schwierig, im Parlament die notwendige Mehrheit für die Reform unseres Staatswesens zu erreichen. Der schwierigste Teil steht uns noch bevor.

Aber die Entwaffnung geht doch zügig voran. Woran scheitert es denn jetzt noch?

Diese so genannte Entwaffnung ist nur ein Teil der Vereinbarungen. Wichtig ist uns vor allem die Rückkehr jener Mazedonier, die von den UCK-Terroristen aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben worden sind. Die Nato bricht da ihre Versprechen. So hat uns Nato-Botschafter Peter Feith zugesichert, alles zu unternehmen, um die Rückführung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Das hat er aber nicht getan.

Welche Rolle spielt der politische Führer der UCK, Ali Ahmeti? Hat er seine Leute noch im Griff?

Ganz eindeutig nicht. Vielleicht will er das aber auch nicht. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich als Friedensbringer darzustellen und gleichzeitig der UCK den Einfluss zu sichern.

Ein Teil der Vereinbarung zwischen der slawischen und der albanischen Seite ist ja eine Amnestie für die UCK-Rebellen. Gleichzeitig aber hat Ihr Innenminister Ljube Boskovski angekündigt, Ahmeti vor Gericht stellen zu wollen. Damit werden Sie die UCK nicht gerade milde stimmen.

Diese Amnestie soll nicht für jene gelten, die eindeutig Kriegsverbrechen begangen haben. Unserer Ansicht nach steht das bei Ahmeti fest.

Soll er in Den Haag vor Gericht?

Das ist unser Ziel. Wir haben dem hiesigen Büro des Tribunals schon genügend Dokumente übergeben. Die betreffen aber auch die Rolle des Kommandanten des Kosovo-Schutzkorps, Agim Ceku. Von ihm ging das alles hier aus. Noch ist das Tribunal nicht interessiert daran. Die suchen gemeinsam mit der Nato lieber nach Beweisen für Kriegsverbrechen der mazedonischen Armee.

Antonio Milososki ist Sprecher des mazedonischen Premierministers Ljubco Georgievski.