Polizeiabkommen zwischen der EU und den USA

Grenzen auf für Fahnder

Seit dem 11. September suchen nicht nur EU-Politiker eifrig nach einer Definition dessen, was künftig dem Begriff Terrorismus untergeordnet werden soll. Auch die Neuorientierung der europäischen Polizeitruppe Europol läuft seitdem auf Hochtouren. Bis 2003 sollen 5 000 PolizistInnen einsatzbereit sein, »eine junge Organisation mit einer großen Verantwortung«, wie Willy Bruggeman, der belgische Leiter der Truppe, sagt. Doch was genau die Truppe gegen den Terrorismus tun soll, darüber wird in Brüssel heftig gestritten.

Im November war der Öffentlichkeit zunächst einmal stolz die prompt aufgestellte Anti-Terror-Task-Force vorgestellt worden. Komplementär zur 60 000 Personen starken militärischen »Schnellen Eingreiftruppe« der EU sollen die Europolizisten im Bereich des »zivilen Krisenmanagements und der Konfliktprävention« eingesetzt werden.

Doch während die EU-Minister weiter an einem detaillierten Stellenprofil für die neue Truppe arbeiten, suchen die Europolizisten schon nach neuen Aufgaben. Es gehe um grenzübergreifende Kooperationen, nicht nur innerhalb der EU, sondern vor allem auch mit den USA, machte Bruggeman klar.

Vor den Terroranschlägen war den Europol-Fahndern ein solcher Informationsaustausch mit Dritten nicht erlaubt. In der vergangenen Woche aber unterzeichnete die Europol-Leitung in Brüssel ein Abkommen mit den USA, um die transatlantische Zusammenarbeit effektiver zu gestalten. Künftig sollen »strategische und technische Informationen über Terrorismus und schwere Straftaten« ausgetauscht werden. Dazu gehören unter anderem der Handel mit Drogen, nuklearem und radioaktivem Material, illegale Einwanderung, Geldwäsche und terroristische Straftaten. Persönliche Daten dürfen aber nur ausgetauscht werden, wenn sie in Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September stehen. Doch diese Bedingung dürfte zunächst einmal auf die meisten der Ermittlungen zutreffen. Zudem soll ein weiteres Abkommen schon bald auch den Austausch von persönlichen Daten offiziell erlauben.

Aber auch in Europa wird es dem neuen Heer der Ermittler kaum langweilig werden. Bruggeman prophezeite »weitere Anschläge«, von denen besonders die europäischen Länder, die die USA in Afghanistan militärisch unterstützt haben, bedroht seien. Bei soviel Aktivismus gegen den Terror gibt es Bedenken selbst aus den eigenen Reihen. So warnte der belgische Innenminister Antoine Duquesne auf der Konferenz »Integrierte Sicherheit in Europa, eine demokratische Perspektive« davor, »eine europäische Polizeikraft zu schaffen, die von den ihnen übergeordneten Instanzen die Macht übernehmen könnte. Wir sollten mehr denn je vermeiden, dass die aktuellen Entwicklungen uns dazu treiben, Orwellsche Zustände zu schaffen.« Um das zu verhindern, schlägt der Minister »eine demokratische Kontrolle über die Polizeidienste auf nationalem und internationalem Niveau« vor. Ein effizientes Kontrollsystem müsse die Kooperation überwachen und garantieren, dass die europäische Polizei »Rechenschaft ablegen muss, gegenüber dem Staat, den Bürgern und ihren Vertretern«.

Gleichzeitig gibt es aber auch Pläne, die gemeinsame Polizeitruppe weiter auszubauen. Und es könnte gut sein, dass das Unternehmen Europol seinen Angestellten schon bald interessante Tätigkeiten auch außerhalb der Grenzen der EU anbietet. Die deutsche Bertelsmann-Stiftung sowie das Münchner Zentrum für angewandte Politikforschung etwa schlagen in ihrem Bericht zur Erweiterung und Zukunft der EU vor, ein gemeinsames Grenzschutzkorps zu schaffen. Alle Mitgliedsstaaten sollten den Beitrittskandidaten Beamte zum besseren Schutz der Außengrenzen zur Verfügung stellen.