Bundeswehr in Afghanistan

Kommando Sühnezeichen

Kriegsdienst ist Friedensdienst, tönte es einst aus den Kreiswehrersatzämtern, denn ohne Bundeswehr stünde der Russe längst schon am Rhein. Das war zwar gelogen, muss aber dennoch umso verdrießlicher erscheinen, als sich jetzt erweist, dass die Bundeswehr bei schlechtem Wetter kampfunfähig ist. Tagelang saß die starke Truppe an der türkischen Schwarzmeerküste fest, weil es dort schneite, und konnte ihren Afghanistan-Einsatz nicht antreten.

Ohnehin sei die Grundlage des Einsatzes noch nicht geschaffen, mokierte sich die Beobachterdelegation der Bundeswehr vor Journalisten in Afghanistan, denen es auf wundersame Weise gelungen war, die Schneebarriere zu überwinden. Denn der Krieg ist nicht beendet. Dabei besteht die Aufgabe der Bundeswehr ohnehin nur darin, vor der deutschen Botschaft Posten zu stehen, den Verkehr zu regeln und ab und an die Mülleimer am internationalen Flughafen von Kabul zu leeren.

Das wäre zum Totlachen, wüsste man nicht, dass die Germanentruppe nicht immer so verzärtelt ist, wie sie gerade tut. In Bosnien hatte sich die Bundeswehr nachgerade überschlagen, ins Feld zu ziehen, und dabei schon auf der Anreise den ersten Heldentod provoziert. Ganz zu schweigen von der Rettungsaktion in Albanien, wo deutsche Kampfhubschrauber mit MG und viel Ramtam die erstaunten Botschaftsangehörigen »rausholten«, um ihnen das Schlangestehen am Flughafen von Tirana zu ersparen. Der Unterschied ist einfach: Während es in Bosnien und später im Kosovo ein Krieg der Deutschen war, den andere führten, ist der »Krieg gegen den Terror« vorrangig der der Amerikaner. Je länger dieser Krieg anhält und auch noch erfolgreich ist, desto mehr geraten deutsche Interessen ins Hintertreffen.

Umso freudloser wird daher das Versprechen der »bedingungslosen Solidarität« eingelöst, das Schröder direkt nach dem 11. September gab. Damit Bedingungen gestellt werden können, wurde der Bereitstellungsbeschluss durch den Bundestag erzwungen, um eine Woche später dem US-Außenminister Colin Powell zu erklären, man wolle lieber doch nicht. Die Aufgabe der Bundeswehr liegt seitdem in der Sabotage einer Politik, die die Versuche Deutschlands und Europas vereitelt, als außenpolitische und militärische Macht den USA den Rang abzulaufen.

Die dabei in seinem Sinne produzierten Pannen nerven mittlerweile das Establishment selbst. Von den vorgesehenen 300 Millionen Euro, die der Afghanistan-Einsatz kosten soll, habe, klagt die FAZ, die Bundesregierung gerade mal 110 Millionen zusammengekratzt. Nur friedensbewegte deutsche Linke wittern eine Verschwörung anglo-amerikanischer Warlords: Die Präsenz des deutschen Kontingents könne »einen potenziellen Faktor zur Behinderung ihrer eigenen Operationen« darstellen und werde deshalb verzögert (Rainer Rupp im ND).

Derweil plaudert Minister Scharping über angebliche Pläne der USA, als wäre er Pressesprecher im Weißen Haus. Die vertrauliche Bitte des State Departments um Entsendung einer ABC-Abwehreinheit nach Kuwait wurde öffentlich breitgetreten, während das Bundesverteidigungsministerium alles nur erdenkliche tat, um die praktische Abwicklung zu unterlaufen. Die zur Sondierung losgeschickten Offiziere etwa mussten in Zivil mit Touristenvisa nach Kuwait einreisen. Der Krieg, den Deutschland angeblich führt, ist so nicht zu gewinnen, und gewonnen werden soll er auch nicht.

Der Krieg gegen Antisemiten ist also genauso unerwünscht wie ein Showdown im Irak, dessen faschistische Elite von der deutschen hofiert wird wie seit Jahren nicht mehr. Mehr als Afghanistan ist der Nahe Osten die Interessensphäre, wo bei einer möglichen Ausweitung des US-Antiterror-Krieges eine direkte Konfrontation mit deutsch-europäischen Interessen zu erwarten ist. Spätestens dann dürften Scharping und seine Armee gemeinsam mit der deutschen Friedensbewegung gegen den Krieg der US-Imperialisten demonstrieren.