Zeman in Israel

Ein würdiger Erbe

Fast schien es, als wolle Milos Zeman an die Zeit anknüpfen, als die Tschechoslowakei der verlässlichste Partner Israels war. Die Waffen, mit denen der Unabhängigkeitskrieg geführt wurde, kamen ja bekanntlich nicht aus den USA, sondern aus der Tschechoslowakei. Mit seinem Besuch in Israel zeigte sich Zeman als würdiger Erbe jenes Präsidenten, dessen Name mit den Dekreten verbunden wird, die die Rechtsgrundlage für die kollektive Ausweisung der so genannten Sudetendeutschen abgaben, und der die Staatsgründung Israels unterstützte: Eduard Benes. Die israelische Politik nahm dies ebenso überrascht wie wohlwollend zur Kenntnis.

Was hat Zeman getan? Nur wenige Tage nachdem Jörg Haider mit Saddam Hussein über Zionismus und Imperialismus philosophiert und dem irakischen Volk und seinem Führer die antiimperialistischen Kampfesgrüße des österreichischen Volkes überbracht hatte, reiste er nach Israel, um eine Solidarität der ganz anderen Art zu demonstrieren. Es ist kein Wunder, dass in Deutschland und Österreich nur ein Satz Zemans ankam, den er nicht gesagt hat. Er soll in der israelischen Zeitung Ha'aretz Yassir Arafat und Adolf Hitler verglichen haben. Nur findet sich jener Vergleich in besagtem Artikel nicht.

Vielmehr nahm Zeman die Äußerungen Ariel Sharons auf, in denen dieser kurz nach dem 11. September Israels Situation mit der der Tschechoslowakei kurz vor der Annexion 1938 verglichen hatte. Sharon wollte so die USA davor warnen, eine Anti-Terror-Koalition mit den Feinden des jüdischen Staates einzugehen. Es war ein ebenso verzweifelter wie wirkungsvoller Appell an die letzte Schutzmacht Israels.

Zeman erklärte nun in Ha'aretz, Hitler-Deutschland hätte 1936 noch von zwei französischen Divisionen besiegt werden können, aber man habe diese Chance verpasst. Er kritisierte damit die Appeasement-Politik, wie sie die europäischen Staaten gegenüber Hitler betrieben. Und welche andere Bezeichnung wäre passender für die Politik Europas gegenüber den Palästinensern?

Würden alle europäischen Politiker Zemans Gespür an den Tag legen, meinte der israelische Präsident Moshe Katsav, könnte der Terror eingedämmt werden. Richtig ist, dass der palästinensische Terror eskaliert, weil sich Arafat davon eine Stärkung der europäischen Position erhofft. Hätten die europäischen Außenminister, anstatt Arafat die Stange zu halten, sich gegen den Terror ausgesprochen und seine europäischen Basen beseitigt, wäre der Terror gegen Israel kaum ein Thema.

Vor allem aber machte Zeman eines klar: Ebenso wenig wie die Sudetendeutschen sind die Palästinenser Opfer einer fremden Macht. Der Vergleich bezieht sich auf den aggressiven Gemeinschaftsgeist, der über die Forderung nach einer Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge vermittelt wird.

Die bis heute nicht gern gehörte Wahrheit, dass die Sudetendeutschen zu 93 Prozent die Henlein-Nazis begeistert unterstützen, korrespondiert insofern mit der Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten, als hier wie dort der Antisemitismus das zentrale Ideologem ist, mit dem jeder Kompromiss unmöglich gemacht wird. Denn solche Gemeinschaften bringen Terror und Krieg hervor, und mit ihnen kann es keinen Ausgleich geben.

Diese schlichte Konsequenz bringt die deutsch-österreichische Öffentlichkeit nicht zuletzt deswegen auf die Palme, weil aus dieser Einsicht die Gegner Deutschlands die bedingungslose Kapitulation erzwangen. Die Ausweisung der Sudetendeutschen war eine Folge dieser Einsicht. Und eine Revision der Folge käme einer Revision der Einsicht gleich.