Das Aus der Woche

Selten gelesen, niemals zitiert

Wenn man am Donnerstag an den Kiosk geht, wird man nichts vermissen, dennoch ist sie nicht mehr da: Die Woche, 1993 nicht ohne Tamtam gegründet, wurde mit sofortiger Wirkung eingestellt. Geschätzte 40 Millionen Euro Verlust waren auch vom an sich nicht unerfolgreichen und dennoch verhältnismäßig kleinen Jahreszeiten Verlag nicht mehr zu verkraften.

Die Verhandlungen über eine Beteiligung der WAZ-Gruppe, die ihr Imperium an Regionalzeitungen ausbaut, waren gescheitert, obwohl sich einer der WAZ-Geschäftsführer, der frühere Kanzleramtsminister Gerhard Schröders, Bodo Hombach, bis zum Schluss für das regierungsfreundliche Blatt eingesetzt hatte. Aber offensichtlich hatte die WAZ-Gruppe dennoch bemerkt, dass man die Woche mit ihrer Auflage von 135 000 Exemplaren nicht aus der Verlustzone bringen konnte.

Von Anfang an stand es nicht gut um die Woche. Manfred Bissinger, ehemaliger konkret-Chef und stern-Redakteur, hatte darauf gesetzt, dass sich nach der Wiedervereinigung tatsächlich etwas wie eine Berliner Republik herausbilden würde, die mit der vorhergehenden Bonner Republik nichts mehr zu tun haben sollte und die nach einer Zeitung vom Zuschnitt der Woche verlangen würde.

Die Gründer der Woche waren nicht die einzigen, die sich in der Nachwendezeit verkalkulierten. Auch die FAZ experimentierte mit neuen Zeitungsformen und ließ das von ihr übernommene Ostblatt Neue Zeit auf farbigem Papier erscheinen. Burda gründete eine Boulevardzeitung für den Osten und mit Focus auch ein neues Statistikmagazin für ganz Deutschland. Gruner & Jahr scheiterte mit dem Wochenmagazin Tango. Andere wiederum versuchten, aus der Wochenpost ein gesamtdeutsches Blatt zu machen. Manche eilig zusammengestellte Redaktion schließlich werkelte monatelang an Zeitungen, von denen dann nie ein Exemplar gedruckt wurde.

Von all diesen Verlegerträumen hat sich lediglich der Focus rentiert. Und die Woche kann für sich wenigstens in Anspruch nehmen, neben dem Markwort-Blatt der einzige Großversuch gewesen zu sein, der auf Risiko setzte. Während die anderen Verlagshäuser bald ihre Pläne fallen ließen, konnte Bissinger immer wieder aufs neue Teilhaber für seine Zeitung begeistern, diverse Kooperationen kamen zustande, man fusionierte mit der Wochenpost, und selbst die WAZ-Gruppe ließ sich zuletzt noch einmal in aufwendige Verhandlungen verstricken.

Dabei war die Woche nie meinungsrelevant. Obwohl sie Roger Willemsen, Peter Glotz oder Tilman Spengler als Kolumnisten angeworben hatte und mit ihrem farbigen und übersichtlichen Layout Modernität und Frische vortäuschte, konnte sie nie auf sich aufmerksam machen. Jedenfalls nicht mit ihren Themen und Texten. Die Mitglieder der Toscana-Fraktion texteten auch andere Zeitungen zu; auf den Meinungsseiten, auf denen flott jedes Statement ein Plus, ein Minus oder auch ein Punkt für Unentschlossene bekam, wurde nur umso mehr deutlich, dass man die eingefangenen Statements gar nicht mehr lesen brauchte. Zudem zeichnete das Blatt eine Beliebigkeit bei der Wahl seiner Stories aus. Alles, was man hier las, las man so auch woanders. Die Woche war wie ein Puzzle aus den restlichen Zeitungen.

So wurde die Woche also von einigen Wenigen gekauft, seltener noch wurde sie abonniert, und so gut wie nie wurde sie schließlich zitiert. Sie war einfach nur da. Nun ist sie weg.