Königliche Trauung in Norwegen

Frau Behn zahlt Steuern

Nach ihrer Trauung muss die norwegische Prinzessin zum Finanzamt.

Von dem Mann hätte selbst die Princess of Wales noch einiges lernen können. Kaum war der Autor Ari Behn offiziell mit der norwegischen Prinzessin Märtha-Louise zusammen, sorgte er ausgiebig für Schlagzeilen. In einem TV-Dokumentarfilm posierte er zunächst mit koksenden Prostituierten; nach dem Beginn des Afghanistan-Krieges besuchte er eine Koranschule in Pakistan. Dort erklärte er, es gebe »im Westen viele Menschen, die kein Wort von dem glauben, was Mr. Bush so sagt«.

Märtha-Louise, die ältere Schwester des Kronprinzen Håkon, hielt jedoch unbeirrt zu ihrem Ari. Und erklärte sich vor der Hochzeit sogar bereit, auf alle Privilegien zu verzichten. Lediglich den Titel Prinzessin behält sie, und ab dem 1. Januar 2003 muss sie Steuern zahlen.

»Live-Hochzeit in Norwegen, die Liebe siegt«, nannte die ARD daher folgerichtig ihre Übertragung der Trauung. In der es zunächst jedoch nur um eine Behnsche Äußerung ging: »Ich scheiße auf alles Deutsche. Es sind schlechte Menschen, die zu nichts anderem als zum Fußballspielen in der Lage sind. Und dazu, Kriege anzufangen«. So wird der Schriftsteller zitiert. Das gefällt der Moderatorin Juliane Eisenführ nun aber ganz und gar nicht. Der Norwegen-Expertin Wencke Myrrhe, die von ihr mit den Worten »Sie tun ihre Repräsentationspflichten hier sozusagen wahrnehmen« vorgestellt wurde, fällt auch nichts ein. Rolf Seelmann-Eggebrecht, der »ARD-Adelsexperte«, findet schließlich den rettenden Ausweg. Denn Ari Behn heiratet eine Prinzessin, da hilft alles nichts, deswegen muss eine Entschuldigung her: Es handele sich wahrscheinlich um »einen spätpubertären Ausfall«, erklärt der Adelsexperte der Nation, der Mann sei halt Literat. John Osborne sei ja auch am Anfang eher auf Missfallen gestoßen.

Eisenführ möchte das heikle Thema nicht weiter vertiefen und ruft Leontine von Schmittow, die vor dem Nidaros-Dom in Trondheim steht: »Was haben Sie denn für Wahrnehmung aufgefangen vor dem Dom?« Bis auf begeisterte Fähnchenschwenker weiter keine, müsste die Reporterin jetzt eigentlich ehrlicherweise sagen. Stattdessen berichtet sie detailliert von der Begeisterung der Zuschauer und macht auf die geschwenkten Fähnchen aufmerksam.

Das ist sehr langweilig, deswegen darf nun Wencke Myrrhe noch einmal ran. Ja, doch, die Norweger seien ziemlich begeistert von ihrer Königsfamilie, Mette-Marit sei ein echter Gewinn, und Ari sei eigentlich auch ganz in Ordnung.

Bevor das Thema weiter vertieft werden kann, treffen jedoch die ersten Kronenträger am Veranstaltungsort ein. In Kleinbussen herangefahren, zeigt sich der königliche Nachwuchs Europas extrem gut gelaunt. Was kein Wunder ist, denn wahrscheinlich haben sich die Prinzen und Prinzessinnen auf der gesamten Fahrt über die Aufmachung der dänischen Königin Margarete ausgelassen. Die mittlerweile von ihrem Ehemann getrennt lebende Kettenraucherin hat sich zum großen Ereignis in eine besonders aparte Kreation geworfen. Über der champagnerfarbenen Seidenrobe trägt die Mutter des ob seines Hangs zur Geschwindigkeitsübertretung »Turboprinz« genannten dänischen Thronfolgers einen Umhang, der in Form und Farbe ziemlich exakt dem entspricht, was an deutschen Küsten als Ostfriesennerz bekannt ist.

Aber auch die niederländische Maxima hat sich eher unvorteilhaft angezogen. Ihr Kleid dürfte einmal leuchtend orange gewesen sein, bis es irgendjemand zusammen mit mehreren Jeans in die Waschmaschine warf. Mit entsprechendem Resultat.

Immerhin, dann kommt die Braut. In eine Art Nachtgewand mit Überwurf gehüllt, und das auch noch in einer Farbe, die euphemistisch als eierschalen- bzw. cremefarben beschrieben wird, eigentlich aber beige light ist. Ein ausladender Stehkragen und spitze Schulterpolster runden das Ensemble ab.

Kurz: Märtha-Louise ist ganz scheußlich angezogen. Vielleicht findet das auch Ari Behn, aber dies ist nicht unbedingt die Gelegenheit, Wahrheiten auszusprechen. So blickt er seine Auserwählte, als die endlich vor der Kirche angekommen ist, ganz besonders begeistert an, und die strahlt zurück.

Die Hochzeitsgesellschaft hat derweil auf etwas Platz genommen, was früher, bevor man es mit cognacfarbenem Leder bezog, zweifellos einmal eine Ikea-Stuhlkollektion gewesen war. Ari und Märtha sitzen dagegen auf einer Art Schemel vor dem Altar. Und werden fast sofort hinterrücks angesungen. Eine in rote Samtsäcke gekleidete Gruppe stämmiger Frauen schlängelt sich durch die Kirche, mit finster entschlossenem Blick, was die Brautleute jedoch nicht aus der Ruhe zu bringen scheint. Ungerührt halten die beiden Händchen, nicht ahnend, was sich da hinter ihrem Rücken abspielt. Hauptsächlich der Psalm 23.

Irgendwann ist aber auch der zu Ende, und der Damenchor darf sich endlich hinsetzen. Denn nun sind die Gäste mit Singen dran. Oder wären es. Aber Könige sind genau so geübt im Singen wie Kicker von Fußballnationalmannschaften, bis auf Margarete, die entschlossen zum Gesangbuch greift. Die schwedische Kronprinzessin Viktoria sitzt derweil merkwürdig verkniffen da. Was ist da los? Ganz einfach, ihr läuft die Nase, aber leider hat sie vergessen, ein Taschentuch einzustecken. Königliche Hoheiten bringen solche kleinen Misslichkeiten jedoch nicht aus dem Konzept. Mit einem entschlossenen Ruck zieht Viktoria halt den Rotz hoch und kann fortan wieder frei durchatmen. Und der Predigt zuhören, in der es größtenteils um Gott und die Liebe geht.

Dann wird ein wenig georgelt, eine Frau in Tracht singt Religiöses, und aus Märtha-Louise wird Frau Behn. Die Braut weint ein bisschen, die Anwesenden sind gerührt, Viktoria zieht die Nase hoch, und der Pastor erteilt seinen Segen.

Auch im ARD-Studio ist man sehr zufrieden mit der gelungenen Veranstaltung. Zumal Rolf Seelmann-Eggebrecht tolle Neuigkeiten verkünden kann: Nach der Hochzeit ist nun nicht etwa Schluss, sondern es wird noch gefeiert, »es soll lange gespiesen und getanzt werden«.