Pressekonferenz mit Jamal Karsli

Liberalismus für Anfänger

Jamal Karsli genoss das Blitzlichtgewitter. »Ich bereue keinen Schritt, den ich getan habe«, gab das verhinderte Mitglied der FDP auf einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag im Düsseldorfer Landtag zu Protokoll. Wenn jemand seine früheren Äußerungen missverstanden habe, dann werde er sich dafür entschuldigen. Nach diesem bizarren Auftritt ist allerdings nichts mehr misszuverstehen.

Er habe seine Feststellung, die israelische Armee wende »Nazimethoden« an, zurückgenommen, nachdem ihm klar geworden sei, »dass ich damit Teile der deutschen Öffentlichkeit überfordert hatte, die nicht vollständig informiert sind über die tatsächliche Situation im Nahen Osten«. So gebe es konkrete israelische Pläne »zur Massenvertreibung der palästinensischen Bevölkerung - zu einer ethnischen Säuberung«. Karslis perverse Parallelisierung lautete: »Die NS-Politik gegenüber den Juden in den dreißiger Jahren zielte zuerst auch 'lediglich' auf die Vertreibung der Juden.«

Zur Rechtfertigung seiner perfiden Thesen führte Karsli israelische Friedensaktivisten an, die, um ihre verzweifelte Opposition gegen die israelische Regierung zu legitimieren, bereits seit einiger Zeit das schwerste moralische Geschütz auffahren: die Anklage, der jüdische Staat wende ähnliche Methoden an, mit denen Nazi-Deutschland einst die Juden verfolgte. So werden sie fatalerweise zu Stichwortgebern für Antisemiten in aller Welt und können oder wollen es in ihrer Hoffnungslosigkeit nicht einmal mehr erkennen.

Etwa wenn Uri Avnery in einem Interview mit der rechtsextremen Jungen Freiheit zwar den Vergleich mit den »Nazi-Methoden« zurückweist, aber von einem »Kolonialkrieg« und von »Apartheid« spricht und Ministern der israelischen Regierung nachsagt, »ethnische Säuberungen« zu propagieren. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sei ein »Propagandainstrument der Regierung Sharons«, behauptete Avnery. Solche Kronzeugen kann Karsli gut gebrauchen.

Denn was den anderen gegen ihn erhobenen Vorwurf anbelange, »es sei antisemitisch, den großen Einfluss der zionistischen Lobby auf die Medien zu erwähnen, so ist die Kampagne gegen meine Person der beste Beweis dafür, dass meine Feststellung richtig ist«, erklärte Karsli. Auch die vermeintlichen Drahtzieher dieser »regelrechten Hetzkampagne gegen mich, gegen Herrn Jürgen Möllemann« hat er ausgemacht: den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, und seinen Stellvertreter Michel Friedman. Gegen »diese Funktionäre« will Karsli nun juristisch vorgehen - wegen »Verleumdung und Ehrverletzung«. Denn schließlich sei er kein Antisemit, wie diese behaupteten. »Was mich aufregt, ist, dass gewisse Menschen die Definitionsmacht haben.«

Nein, Jamal Karsli hat nichts begriffen. Ob er sich von Jürgen W. Möllemann benutzt fühle? Karsli überlegt keinen Augenblick. »Ich habe mich nicht instrumentalisieren lassen«, sagt er im Brustton der Überzeugung. »Ich war gleichberechtigter Spieler«, und er will weiterspielen. Bis zur Bundestagswahl wolle er zusammen mit Möllemann durch die Republik touren, um für seine Sicht des Nahostkonfliktes zu werben, kündigte Karsli an. Die erste Veranstaltung sei bereits gebucht: am 29. Juni in Essen, arrangiert von verschiedenen arabischen Vereinen. »Ich lasse mir nicht verbieten, mit Herrn Möllemann aufzutreten.«

Doch daraus wird nichts. Denn so gerne Möllemann auch weiterhin antisemitische Ressentiments bedient, so will er sich doch nicht noch einmal eine blutige Nase holen. Umgehend sorgte er dafür, dass sein politischer Freund von den Veranstaltern wieder ausgeladen wurde. Man wolle »einen falschen Eindruck vermeiden« und die Diskussion nicht mit Nebenkriegsschauplätzen belasten, teilten diese noch am Freitagnachmittag mit. Karsli hat seine Schuldigkeit getan. Möllemann bleibt.