Neue Bündnisse

Amboys im Aufwind

Um die Opposition gegen die militärische Zusammenarbeit mit den USA zu schwächen, verbündet sich die philippinische Regierung mit Anhängern des inhaftierten Ex-Präsidenten Estrada.

Die Gespräche mit Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo seien »sehr erfolgreich« gewesen, erklärte US-Außenminister Colin Powell am Samstag vor seiner Abreise aus Manila, »Schulter an Schulter« stehe man im Kampf gegen den Terrorismus. Eine Errichtung von US-Militärbasen werde es im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit aber nicht geben.

Doch nicht nur jene etwa 1000 Demonsranten, die vor dem Präsidentenpalast protestierten, misstrauen Powells Aussagen und den gleichlautenden Beteuerungen der philippinischen Regierung. Denn in Mindanao haben US-Soldaten bereits einen Flughafen und Militäranlagen gebaut, und das neue Mutual and Logistic Support Agreement (MLSA) wird den US-Truppen weit reichende Rechte einräumen. Dieses Militärabkommen mit den USA ersetzt das auf sechs Monate befristete Joint Military Exercise Agreement (Balikatan 02-1, Jungle World, 14/02), das am 31. Juli auslief.

Die philippinische Linke und einige Mitglieder der Opposition sehen die Bestimmungen des MLSA als Verstoß gegen die Verfassung, die eine dauerhafte Stationierung ausländischer Truppen und die Errichtung ausländischer Militärbasen untersagt. Sie kritisieren die wachsende Bereitschaft der Regierung, sich den Plänen der USA unterzuordnen.

Der Streit um das Militärbündnis mit den USA hat nun zu einer politischen Umgruppierung geführt. Anfang Juli trat der Vizepräsident Teofisto Guingona von seinem Posten als Außenminister zurück. Er hatte bereits Anfang des vergangenen Jahres erklärt, es bestehe keine Notwendigkeit für eine US-Militärpräsenz im Land zur Bekämpfung der Abu-Sayyaf-Gruppe, die von den USA mit dem al-Qaida-Netzwerk in Verbindung gebracht wird.

Die Linke wertet Guingonas Rücktritt und die Ernennung des ehemaligen Oppositionssenators Blas Ople zum Außenminister als Konsolidierung der proamerikanischen Kräfte. Ople ist als »Amboy«, als proamerikanischer Politiker, bekannt. Er war Arbeitsminister unter dem 1986 abgesetzten Diktator Ferdinand Marcos und wurde als Senator für Joseph Estradas Partei gewählt. Wie Marcos wurde Estrada im Januar 2001 von der People Power gestürzt, Arroyo übernahm die Präsidentschaft (Jungle World, 6/01).

Durch die Entscheidung, Ople den Posten des Außenministers zu übertragen, hat die Regierung die Mehrheit im Senat wiedergewonnen. Vor den auf seine Ernennung folgenden Übertritten zu Arroyos Partei herrschte im Senat Stimmengleichheit zwischen der Regierung und der Opposition. Beiden Fraktionen gehörten je zwölf Senatoren an, was Gesetzesinitiativen der Regierungspartei blockierte.

Andere Anhänger Estradas wurden jetzt ebenfalls eingeladen, sich Arroyos wachsender Schar wirtschaftlicher und politischer Berater anzuschließen. Diese Politik wird von vielen ihrer ehemaligen Sympathisanten aus den sozialen Bewegungen und der Zivilgesellschaft kritisiert, die darin einen Verrat an der People Power sehen, die ihr die Präsidentschaft gebracht hat.

Die Umorientierung der Regierung Arroyos ist eine sehr deutliche Illustration der Schwäche ihrer Administration und des philippinischen Staates, der wegen des Versagens bei der Stärkung demokratischer Institutionen von einer politischen Krise nach der anderen ergriffen wird. Die neue Mehrheitskoalition, die jetzt gebildet wird, integriert zwielichtige Politiker aus der Umgebung Estradas, der im Gefängnis auf seinen Prozess wegen Korruption wartet. Arroyos Koalition mit der Anti-Estrada-Bewegung wurde endgültig beendet, als Bayan Muna und Akbayan, zwei von sozialen Bewegungen gegründete Parteilisten, am 22. Juli anlässlich ihrer Ansprache zur Lage der Nation öffentllich die Ablehnung ihrer Politik erklärten.

Die innenpolitische Kritik zwingt die Regierung, mit gewagten juristischen Konstruktionen die militärische Zusammenarbeit mit den USA zu legitimieren. Die Opposition kritisiert jedoch nicht nur die fragwürdige legale Basis, sondern erklärt auch, dass das letzte Abkommen den USA mehr genützt hat als den Philippinen. Während eines sechsmonatigen Aufenthalts im Dschungel von Basilan, der südphilippinischen Insel, auf der die Abu-Sayyaf-Gruppe ihre Basis hat, konnten US-Soldaten ihre hochtechnologische Spionageausrüstung testen und die Taktik der Kriegführung gegen eine Guerilla im Dschungel erproben. Zudem haben die USA in den Südphilippinen, einer strategisch wichtigen Region in diesem Teil Südostasiens, Fuß gefasst.

So wird auch nach dem Ende von Balikatan 02-1 ein Kontingent von Special Forces in Basilan bleiben, und bei Operationen gegen die Abu-Sayyaf-Gruppe haben sich US-Soldaten auch an Aktivitäten beteiligt, die ihnen nach den Bestimmungen des Abkomens untersagt waren.

So untersucht der philippinische Kongress jetzt die Teilnahme eines US-Soldaten an der Verhaftung eines angeblichen Abu-Sayyaf-Mitglieds in einem abgelegenen Dorf in Basilan. Ein Haftbefehl gegen den Verdächtigen Buyong-buyong Isnijal lag nicht vor, was einem Bericht der von der Partei Akbayan und dem Institute for Popular Democracy in Manila sowie zwei internationalen NGO gebildeten Untersuchungskommission zufolge üblich ist. Nach Angaben der Frau des Verhafteten schoss der US-Soldat ihn in den Oberschenkel, bevor er in ein Militärlager gebracht wurde. Das wäre ein Verstoß gegen das Verbot, an Kampfhandlungen teilzunehmen, und gegen die Bestimmung, Waffen nur zur Selbstverteidigung zu benutzen.

Das neue MLSA, das vom philippinisch-amerikanischen Mutual Defense Board bereits abgesegnet wurde, könnte solche Einsätze zur Routine machen. Es soll ein fünfjähriger Arbeitsplan sein, der die gemeinsamen Manöver von Balikatan 02-1 in ein »nachhaltiges Programm der Sicherheitskooperation und der Ausbildung und Hilfe für den Antiterrorismus« transformiert. Während des Besuchs des US-Außenministers Colin Powell wurde auch über eine weitere Erhöhung der Militärhilfe für die Philippinen verhandelt. Kürzlich waren bereits zehn Millionen Dollar freigegeben worden, was linke Gruppen als »Schmiergeld« für die Zustimmung zum MLSA bezeichneten.