UN-Gipfel in Johannesburg

Insel im Sturm

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Der Johannesburger Vorort Sandton, wo am Montag kommender Woche der UN-Umweltgipfel beginnen wird, ist eine Traumwelt aus subtropischen Gärten, weitläufigen Villen, verglasten Hochhäusern und klimatisierten Shopping Malls. Sandton, noch vor zehn Jahren ein reiner Wohnbezirk, wurde mit dem Ende der südafrikanischen Apartheid zum neuen Geschäftszentrum.

Damals begann die verarmte schwarze Stadtbevölkerung, die Johannesburger Innenstadt in Besitz zu nehmen, und das sichtbare Elend nahm genauso zu wie die Zahl der Taschendiebe und Straßenräuber. Die weiße Johannesburger Geschäftswelt, erschrocken von den Verhältnissen, die sie durch die Apartheid produziert hatte, verließ die alte Innenstadt und baute sich einfach eine neue. So entstand ein zum großen Teil privater Raum, der durch ausgefeilte Sicherheitssysteme und eine Armee aus Wachleuten vor der ihn umgebenden Armut geschützt wird.

Die UN-Konferenz, auf der eine Bilanz über die Fort- und Rückschritte seit dem Umweltgipfel im brasilianischen Rio de Janeiro 1992 gezogen sowie ein Aktionsplan verabschiedet werden soll, hat eine ähnliche Funktion wie die Wohlstandsinsel im Johannesburger Norden.

Inmitten der Krise soll dem besitzenden Teil der Weltbevölkerung Normalität suggeriert werden. Die Umweltprobleme sind lösbar, so die Botschaft des Gipfels, wenn die Vereinten Nationen, ihre Mitgliedstaaten, die Konzerne und die großen westlichen NGO einen Konsens finden und den Kapitalismus ökologisch modernisieren. 65 000 Teilnehmer werden in Johannesburg erwartet, so viel versammelter Sachverstand kann nicht irren. Die in den Vorverhandlungen offen gebliebenen Fragen, vor allem in den Bereichen Handel und Finanzierung, harren noch einer Antwort.

Dabei ist von der Aufbruchstimmung, die nach Rio herrschte, wenig übrig geblieben. Die ökologischen Probleme sind größer geworden, das Schlagwort der »nachhaltigen Entwicklung« ist vom Freihandelsdogma der drei Jahre nach Rio gegründeten Welthandelsorganisation WTO verdrängt worden, und als Folge davon ist die weltweite Kluft zwischen Armen und Wohlhabenden weiter rasant gewachsen.

»Wir werden Sandton einnehmen«, kündigten inzwischen einige radikale südafrikanische Gruppen wie die Landlosenbewegung an, die Demonstrationen, ein »Festival des Widerstands für anreisende Staatsoberhäupter« sowie einen alternativen People's Summit planen.

Trevor Ngwane, ein früherer ANC-Politiker und Vorsitzender des Soweto Electricity Crisis Committee, beklagte auf einer Protestveranstaltung in der vergangenen Woche, dass die UN-Konferenz Armutslinderung durch nachhaltige Entwicklung verspricht, während »das Land, in dem die Konferenz zu Gast ist, Menschen aus ihren Häusern räumt und die Elektrizität abstellt«.

Durch die Privatisierungspolitik der südafrikanischen Regierung wird vielen Menschen unter anderem der Strom gesperrt, wenn sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Um die über 100 anreisenden Regierungschefs von solchen lokalen Problemen abzuschirmen, soll zum Schutz der Konferenz im Sandton Convention Centre auch die südafrikanische Armee eingesetzt werden.