Kritik an griechischen Medienberichten

TV total

Journalisten gehören zu den beliebtesten Feinden der antiautoritären Szene in Griechenland, und die Medien versäumen auch keine Gelegenheit, gute Gründe dafür zu liefern. Man musste daher kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass die Terroristenhysterie, die derzeit in dem Land grassiert, weitere Anlässe für eine Journalistenschelte bieten würde.

So rief das »Netz für die Verteidigung der sozialen und politischen Rechte«, eine linke Rechtshilfegruppe, am Dienstag vergangener Woche zu einer Demonstration gegen die strikten Haftbedingungen der Gefangenen der Gruppe 17. November auf. Auch die Kriminalisierung der sozialen Kämpfe und die zunehmende Überwachung der Gesellschaft wurden kritisiert.

In Presse- und Fernsehberichten wurden die etwa 2 500 Demonstranten, die zumeist aus dem anarchistischen Spektrum kamen, jedoch einhellig als »Unterstützer von Terroristen« denunziert. Mit Schlagzeilen wie »Horror-Demo im Zentrum von Athen« sollte ein diffuses Gefühl der Bedrohung geschaffen werden.

Besonders allergisch reagierten die »Telekannibalen«, und die TV-Kommentatoren genannt werden, als Abraham Lesperoglou vom Vorwurf des Polizistenmordes entlastet wurde (Jungle World, 41/02). Die Enttäuschung war groß, die Reaktionen waren heftig: Michalis Andreoulakos, Strafverteidiger und Abgeordneter der konservativen Nea Dimokratia, erklärte in einer Fernsehshow: »Was heißt es, dass Lesperoglou freigesprochen wurde? Wissen Sie, wie viele meiner Klienten in meiner 35jährigen Karriere freigesprochen worden sind, obwohl sie schuldig waren?«

Selbst das Internet-Forum indymedia-Athen, für das sich bislang zumindest in den bürgerlichen Medien niemand interessiert hatte, wurde plötzlich als »Stimme des 17. Novembers« angegriffen.

In einigen Artikeln wurde sogar gefordert, das Forum zu schließen und die Verantwortlichen festzunehmen. Der Vorsitzende der Abteilung für Internet-Kriminalität bei der griechischen Polizei, Manos Sfakianakis, fühlte sich auch sofort berufen, den Anschuldigungen nachzugehen. Doch sein dilettantisches Verhalten sorgte nicht für die gewünschten Beweise, sondern für Unterhaltung. Er schickte unter einem falschen Namen der Redaktion von indymedia eine E-Mail, um die Namen und Telefonnummern ihrer Mitglieder zu erfahren. Allerdings übersah der Cyber-Spezialist, dass die Abkürzung seines echten Namens seiner Mailadresse beigefügt war. Die Enttarnung fiel deshalb nicht besonders schwer.

Aber nicht nur die griechische Polizei macht sich mit ihren Methoden lächerlich. Auch das Vorgehen der Medienkritiker kann Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit hervorrufen. So profilierte sich die Gruppe Virus, die dem griechischen Ableger von Attac nahe steht, mit einer Aktion im Zentrum von Athen. Sie präsentierte dort auf einer großen Leinwand die Porträts einiger Journalisten. Anschließend wurden die Passanten aufgefordert, sie mit Joghurtbechern zu bewerfen. Andere Kritiker gehen noch wesentlich rabiater vor. In der vergangenen Woche wurden mehrere Journalisten, die über angebliche Unterstützer des 17. Novembers berichtet wollten und die die Anwälte der Angeklagten belästigt hatten, verprügelt und ihre Kameras zerschmettert.