Entmischen!

Die Bewegung gegen den Irakkrieg droht eine weltweite Multitude aus Globalisierungsgegnern, Islamisten und Faschisten zu bilden, die von Deutschland angeführt wird.

Wenn am kommenden Wochenende in New York, Los Angeles und anderen US-amerikanischen Städten einige Hunderttausend Menschen gegen den Irakkrieg demonstrieren, spricht nichts dagegen, dass sie die gleichen politischen Fehler begehen und sich ähnlich infantiler Formen bedienen werden wie ihre deutschen Freunde. Dass solche Massenmanifestationen überhaupt möglich sind, zeigt, dass es sich bei den USA, anders als es ihre linken Gegner in aller Welt glauben, um eine funktionierende bürgerliche Gesellschaft handelt, in der die Regierung einen Krieg führen oder vorbereiten kann, ohne dass die Bevölkerung sich zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammenfinden muss. Was die US-Amerikaner wiederholt demonstriert haben, bleibt in Deutschland ein undenkbarer Vorgang.

Denn hierzulande richten sich der Friedenswunsch und die Krieglust nach deutschen Interessen. Selbst die meisten der wenigen, die vor drei Jahren auf die Straße gingen, taten das in der irrtümlichen Annahme, beim Krieg gegen Jugoslawien handle es sich um ein US-amerikanisches Unterfangen. Heute sind Grüne und DKP, Poplinke und Antiimps, Möllemann und Mahler, die sich damals unversöhnlich gegenüberstanden, friedlich vereint. Das einzige, was die Bewegung ihrer Regierung zu sagen weiß, ist die Bitte, sie möge Wort halten. Der deutsche Staat ist nicht der Gegenstand der Kritik, sondern die Appellationsinstanz. Die Friedensbewegung hat ihren Frieden mit Deutschland gemacht.

Der permanente Kirchentag, als der sich die Friedensbewegung hier zu gerieren pflegt, hat begonnen. Schon kursieren Aufrufe, man solle Laken aus Fenstern hängen, beten und singen, dichten und schweigen, um so zu bekräftigen, dass Krieg niemals eine Lösung sei. Eine in Deutschland kriminelle Aussage, die trotz ihrer regressiv-religiösen Verkleidung keine mildernden Umstände reklamieren kann. Hierzulande ist der unbedingte Pazifismus, so bemerkte es einmal Wolfgang Pohrt, »nichts als Ressentiment von Leuten, die es dem Weltpolizisten USA verübeln, dass er ihren Eltern per Krieg das friedliche Morden in Auschwitz ausgetrieben hat«.

Auch die irrationale, aber irre stimulierende Angst davor, der Krieg könne auch »uns« treffen, die schon die Proteste von 1991 beflügelte, ist wieder da. Vor einer »Steigerung der Arbeitslosigkeit« warnt der Frankfurter Aufruf, häufig ist von einem bevorstehenden »weltweiten Flächenbrand« die Rede. Wer erinnert sich schon daran, dass sich derlei morbide Untergangsfantasien bereits beim letzten Mal blamierten?

Auch die kalte Gleichgültigkeit gegenüber Israel kehrt zurück. In keinem Aufruf findet sich ein Wort über die auf Israel abgeschossenen Scud-Raketen oder über das Geld, das Saddam den Familien palästinensischer Selbstmordattentäter zukommen lässt. Auch die irakischen Kurden, die vielleicht naive, auf jeden Fall aber verständliche Hoffnungen auf einen Sturz des Regimes hegen, sind den Friedensfreunden herzlich egal. »Wie die Esel lassen die Kurden sich mit simplen Tricks verschaukeln und folgen der Mohrrübe«, kommentierte jüngst das hiesige Verlautbarungsorgan der Baath-Partei.

Zugleich scheint der mögliche Irakkrieg eine Entwicklung zu beschleunigen, die spätestens seit dem 11. September 2001 offensichtlich ist. So lud in der letzten Woche ein Kreis junger islamistischer Eliten in Berlin zu einer Diskussion über »Globalisierung, Zinsen und Weltwirtschaft«. Auf dem Podium saßen ein Funktionär der türkisch-islamistischen Milli Görüs, ein professoraler Anhänger Silvio Gesells und ein Vertreter der deutschen Sektion von attac.

In Bremen gehört zu den Unterzeichnern des örtlichen Demonstrationsaufrufs die Islamische Föderation. Angeführt von Fidel Castro, solidarisieren sich kommunistische Parteien aus aller Welt mit Saddam Hussein, und die türkische DHKP/C erklärt: »Unsere Partei steht im Kampf gegen die USA auf der Seite der Islamisten, Revolutionäre, Demokraten, Antiglobalisten, Umweltschützer.«

Der Slogan der Globalisierungsgegner lautet: »Eine andere Welt ist möglich.« Angesichts dieser illustren Multitude, die sich als Hilfstruppe Euro-Deutschlands gegen die USA formiert, ist das keine Verheißung, sondern eine Drohung.