Präsidentschaftswahlen

Banane oder Uniform?

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Ecuador haben zwei Populisten die traditionellen Parteien verdrängt.

Deutlich fiel die Absage der Wähler an das politische Establishment aus. Die Kandidaten der traditionellen Parteien scheiterten sämtlich und müssen das Terrain zwei Populisten überlassen, die Ende November in einer Stichwahl die Präsidentschaft Ecuadors unter sich ausmachen. Auf der einen Seite steht Alvaro Noboa, der als der reichste Mann des Landes gilt, auf der anderen der aus der Armee entlassene Oberst Lucio Gutiérrez, der mit 19 Prozent der Stimmen knapp vor seinem Konkurrenten liegt.

Gutiérrez war es, der im Januar des Jahres 2000 den damaligen Präsidenten Jamil Mahuad aus dem Amt putschte. Hinter sich wusste der heute 45jährige nicht nur Teile der Armee, sondern auch die Dachorganisation der indigenen Bewegung (Conaie), die mit Blockaden die Infrastruktur Quitos zum Erliegen brachte. Die Conaie und ihre Mitglieder stehen auch jetzt hinter dem ehemaligen Oberst. Es sind vor allem die Indigenas, die etwa die Hälfte der Bevölkerung des Landes stellen und sich von Gutiérrez den lange ersehnten politischen Wandel versprechen.

Veränderung verspricht allerdings auch sein Konkurrent Noboa. Der Bananenmonopolist, dessen Vermögen auf 1,3 Milliarden Dollar geschätzt wird, kandidiert bereits zum zweiten Mal für das höchste Staatsamt; er unterlag vor fünf Jahren nur sehr knapp dem Technokraten Mahuad von der Democracia Popular. Damals trat Noboa formell als unabhängiger Kandidat an, er wusste aber die Infrastruktur des Partido Roldosista Ecuatoriano für sich zu nutzen und präsentierte sich als barmherziger Samariter. Geldspenden von vier US-Dollar pro Kopf sowie Lebensmittel ließ er an potenzielle Wähler in den vom Klimaphänomen El Niño verwüsteten Regionen verteilen.

Für seine zweite Kandidatur gründete Noboa eine eigene Partei mit dem viel sagenden Namen Institutionelle Erneuerungspartei der Nationalen Aktion. Politisch unerfahren, wirbt er mit seinem Renommee als erfolgreicher Unternehmer und verspricht der Bevölkerung gebetsmühlenartig Arbeit, Wohlstand und Gesundheit.

Seine Ankündigungen klingen angesichts einer Arbeitslosenquote von 14 Prozent und der weit verbreiteten Unterbeschäftigung von rund 55 Prozent der Bevölkerung verlockend. Ein detailliertes Programm, wie dieses Wunder in Ecuador realisiert werden könnte, präsentierte Noboa aber nicht.

Blanker Populismus wird auch seinem Gegner Gutiérrez unterstellt, der sich im Wahlkampf des Öfteren in seiner Uniform zeigte, obwohl er der Armee längst nicht mehr angehört. Hämisch verglich die konservative Landespresse den Kandidaten bereits mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez.

Doch so etwas weist Gutiérrez weit von sich. Er wolle einen Konsens zwischen den Indigenas, der Linken und den lokalen Wirtschaftsgrößen erreichen und nicht polarisieren. Maßnahmen gegen die Korruption, Steuererleichterungen für Unternehmer, die investieren, eine Bildungsreform und die Bekämpfung der Armut stehen ganz oben auf der Agenda seiner Patriotischen Gesellschaft.

Für die Bevölkerung wird es hingegen entscheidend sein, welchem der beiden Kandidaten sie es zutraut, die zerrüttete Wirtschaft des Landes wieder in Gang zu bringen. Viele Unternehmer aus dem Exportsektor klagen über die mangelnde Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte auf dem internationalen Markt. Seit der Einführung des US-Dollars als alleinigem Zahlungsmittel im Frühjahr des Jahres 2000 sei der Absatz spürbar zurückgegangen.

Beispielsweise kostet ein Hemd aus kolumbianischer Produktion zwölf US-Dollar, für das in Ecuador hergestellte Produkt müsse man hingegen ungefähr 40 US-Dollar bezahlen, bemerkte unlängst die Wirtschaftszeitung Gestión. Um 18 Prozent sind die Exporte im letzten Jahr zurückgegangen. Die Textilindustrie kämpft um ihr Überleben, und viele Unternehmer importieren mittlerweile Rohstoffe aus dem Ausland, weil das Angebot auf dem nationalen Markt zu teuer ist.

Dieses Problem wusste die derzeit amtierende Regierung Gustavo Noboas, der mit dem Kandidaten nicht verwandt ist, nicht zu lösen. Sie verließ sich darauf, dass viele der wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit der Einführung des Dollars verschwinden würden.

Zwar sind die Wachstumsquoten von 2,3 Prozent im Jahre 2000 und 5,4 Prozent im letzten Jahr auf den ersten Blick durchaus beeindruckend, aber gleichzeitig ist die Handelsbilanz negativ, und auch im Haushalt der amtierenden Regierung klaffen Löcher. Sie konnten bisher dank der hohen Erdöleinnahmen und den Dollartransfers aus dem Ausland, mit derzeit etwa 1,4 Milliarden US-Dollar die zweitwichtigste Einnahmequelle, gestopft werden.

Einen Einbruch des Erdölpreises auf dem Weltmarkt könnte die fragile Landesökonomie nicht verkraften, ist sich Alberto Acosta sicher. Er gehört dem Forum alternatives Ecuador an und tritt für die Rückkehr zur alten Nationalwährung, dem Sucre, ein. Einst sei er ein nationales Symbol der Unabhängigkeit gewesen. Heute werden alte Münzen und Scheine in Quitos Zentrum als Andenken an diese Tage verkauft. Mit dem Verlust des Sucre stehen der Regierung nicht mehr die klassischen währungspolitischen Instrumente wie eine Abwertung zur Verfügung, um der Exportwirtschaft zu helfen.

So bleibt als alleiniger Erfolg der Einführung des Dollars die Senkung der Inflation auf rund 20 Prozent, in diesem Jahr wird ein Wert unter zehn Prozent erwartet. Doch die Kosten sind bereits so sehr gestiegen, dass der Außenhandel mehr und mehr vom Erdöl dominiert wird. Der umstrittene Pipelinebau durch die Amazonaswälder, aus ökologischen Gründen ein zumindest bedenkliches Unterfangen, treibt die Wirtschaftsentwicklung mit Investitionen von rund 1,1 Milliarden US-Dollar derzeit an. Doch was soll daraus folgen?

Der Ölausstoß wird dank der neuen Pipeline wachsen, doch auf dauerhaft hohe Ölpreise kann sich der neue Präsident nicht verlassen. Seine vordringlichen Aufgaben sind die Reform des Bankensektors, die Experten zufolge bis zu drei Milliarden US-Dollar kosten soll, die derzeit ausgesetzte Steuerreform und die Bekämpfung der Korruption. Solche Reformen sind mit breiter Unterstützung der Bevölkerung, an der es dem scheidenden Präsidenten immer fehlte, leichter durchzuführen.

Denn der Dollar brachte nur wenig Positives, seit seiner Einführung erhöhte sich die Armutsquote dem Forschungsinstitut Cedatos zufolge von 65 auf 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung.