Wahlen in Österreich

Es bleibt in der Familie

Das entscheidende Ergebnis der Wahl in Österreich lautet: Die konservativen Nachlassverwalter des Austrofaschismus, die bis heute das Porträt des klerikalfaschistischen Diktators Engelbert Dollfuß in ihren Parlamentsräumen hängen haben, gewinnen auf Kosten der die SS lobenden und den Nationalsozialismus verharmlosenden Freiheitlichen. Zusammen haben die beiden Nachfolgeorganisationen faschistischer Bewegungen nach wie vor die Mehrheit.

Jörg Haider hat sich die absehbare Niederlage der FPÖ vom Hals gehalten. Er wird die Schlappe der ehemaligen Führung der Freiheitlichen anlasten, insbesondere dem Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dem Haider bereits bescheinigte, er strebe nach dem »Wohlwollen der Ostküste«. Obwohl er am Montag seinen Rücktritt als Kärntner Landeshauptmann ankündigte, wird Haider versuchen, sich als Retter der Freiheitlichen aufzuspielen. Sollte es wider Erwarten nicht zu einer Neuauflage der schwarz-blauen Koalition kommen, kann er sich abermals dem Mitregieren aus der Opposition widmen. Wie gut er das kann, und in welchem Ausmaß eine große Koalition willens ist, die Absichten Haiders in konkrete Politik zu verwandeln, ließ sich in den neunziger Jahren studieren.

Natürlich würde eine rot-grüne Regierung in einer postnazistischen Gesellschaft nicht vieles anders machen als die bisherige Koalition. In der Sozial- und Wirtschaftspolitik stehen Parteien, die sich allesamt auf die Verwertung des Werts verpflichtet haben, einander zwangsläufig sehr nahe. Der Revanchismus war und ist bei den Sozialdemokraten bestens aufgehoben. Und die Grünen haben nichts gegen Abschiebungen, da sie auch nichts gegen den Staat und die Nation einzuwenden haben.

Angesichts der Aufregung, mit der die zivilgesellschaftlich orientierten Teile der Protestbewegung gegen die schwarz-blaue Regierung auf die Wahlen hingefiebert haben, muss an eine banale Einsicht materialistischer Demokratiekritik erinnert werden. Die Wähler bekommen nach der Wahl genau das, was ihnen vorher versprochen wurde: Eine Regierung, welche die Erfordernisse des Staats und des Kapitals exekutiert, und eine Opposition, die dieses Anliegen zum Wohle der Nation mit konstruktiver Kritik begleitet.

Also alles egal? Nicht ganz. Subventionen für Zeitungen wie Zur Zeit oder für das »Haus der Heimat«, in dem Nazis und Funktionäre der palästinensischen Gemeinde in Wien über ihre gemeinsamen Anliegen plaudern, wären unter einer rot-grünen Koalition zunächst kaum vorstellbar. Dass aber auch die grüne Unterstützung für offensiven Geschichtsrevisionismus nur eine Frage von »Lernprozessen«, also von Opportunismus ist, haben ihre deutschen Freunde bereits bewiesen.

Gezeigt haben die Wahlen aber auch, dass eine gegen Grüne und zeitweise auch gegen Sozialdemokraten gerichtete ressentimentgeladene Gräuelpropaganda, die versucht, Bilder von drogenbetäubten Marxovegetariern und unverbesserlichen Russenfreunden zu produzieren, in Österreich offensichtlich besser funktioniert als in der BRD. Je besser sich die Grünen anpassen, umso irrwitzigere Vorhaben werden ihnen von ihren Gegnern unterstellt.