Aktionstag für die Beendigung von Gewalt gegen Frauen

Schmetterlinge

An jedem Tag werden in Deutschland Frauen zu Opfern von Männergewalt. Sexistische Gewalt reicht von der Belästigung auf der Straße und im Berufsleben über vielfältige Formen der Missachtung, der Misshandlung und des Missbrauchs inner- und außerhalb der Familie bis zum Frauenhandel und zu Tötungen. Im Jahr 2001 registrierte das Bundeskriminalamt 52 902 »Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung«. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg von 1,5 Prozent. Die Dunkelziffer ist groß.

Um auf die »Gewalt gegen Frauen« aufmerksam zu machen, demonstrieren jedes Jahr am 25. November Menschen in aller Welt. Der Aktionstag wurde 1981 in Bogotá auf dem ersten feministischen Kongress lateinamerikanischer Frauen beschlossen. Seit ein paar Jahren finden auch in Europa an diesem Tag Aktivitäten statt.

Auf dem feministischen Kongress in Kolumbien entwickelte sich damals eine kontroverse Diskussion darüber, was »Gewalt gegen Frauen« ist. Die Vertreterinnen sozialistischer und kommunistischer Organisationen verstanden darunter die Reaktion auf politischen Widerstand im Rahmen der Befreiungskämpfe: Folter an Frauen, Vergewaltigungen nach Festnahmen. Die autonomen Feministinnen orientierten sich an einem weiter gefassten Gewaltbegriff und wollten »Gewalt gegen Frauen« nicht nur als Folge politischer Auseinandersetzungen sehen. Die Vergewaltigung in der Ehe und machistisches Verhalten waren für sie ebenso Ausdruck des Gewaltverhältnisses, unter dem Frauen zu leiden hatten, wie auch ein patriarchales Instrumentarium zur Kontrolle von Frauen.

Die dominikanische Schriftstellerin und Kongressteilnehmerin Angela Hernández schlug schließlich den 25. November vor. An diesem Tag wurden im Jahre 1960 die Schwestern Patria, Minerva und María Teresa Mirabal auf die Veranlassung des dominikanischen Diktators Raphael Leónides Trujillo umgebracht. Die Tat wurde als Autounfall getarnt, eine damals auf der Insel übliche Praxis, politische Gegner zu liquidieren.

Die Schwestern waren Mitglieder der Oppositionsbewegung »14. Juni«. Ihr Tarnname lautete »Die Schmetterlinge«. Sie waren Anfang des Jahres 1960 gemeinsam mit ihren Ehemännern verhaftet, aber dann im Gegensatz zu diesen freigelassen worden. Als sie vom Besuch ihrer Lebensgefährten nach Hause zurückkehrten, lauerte ihnen das Mordkommando auf.

»Minerva, Patria und María Teresa«, sagt Angela Hernández heute, »waren für uns ein Beispiel für das Spektrum von häuslicher, sexueller, politischer und kultureller Gewalt, unter denen wir Frauen zu leiden haben. Sie sind nicht nur umgebracht worden, weil sie im Widerstand gegen Trujillo waren, sondern auch weil sie Frauen waren und sich immer wieder seinen Avancen verweigerten. Denn ein Teil der Tyrannei wurde auch durch die sexuelle Ausbeutung von Frauen durch Trujillo charakterisiert.«

Die sterblichen Überreste von Minerva, María Teresa und Patria Mirabal sind heute im Garten des Elternhauses beigesetzt. In dem Gebäude in der Umgebung der Kleinstadt Salcedo wurde am 25. November 2000 ein Museum zur Erinnerung an die Ermordeten eingeweiht. Der Geschichte der »Schmetterlinge« hat die in den USA lebende dominikanische Schriftstellerin Julia Alvarez einen im Piper Verlag erschienenen Roman mit dem Titel »Die Zeit der Schmetterlinge« gewidmet.