Fällst du in den Graben …

Hooligans in Rumänien

Obwohl bei Heimspielen des rumänischen Viertligisten Steaua Nicolae Balcescu selten mehr als 100 Zuschauer anwesend sind, bescheren die wenigen Fans dem Verein regelmäßig große Probleme. Sie laufen zum Beispiel nach den Spielen aufs Spielfeld und versuchen, die gegnerischen Kicker zu verprügeln.

Der Fußballverband des Bezirks drohte nun harte Maßnahmen an. Hörten die Ausschreitungen nicht auf, dann werde der Club aus der Liga geworfen, erklärte man dem Vorsitzenden des Vereins, Alexandru Cringus, der auch der stellvertretende Bürgermeister des Dörfchens Nicolae Balcescu ist.

Nicht mehr in der vierten Liga vertreten zu sein, wäre ein harter Schlag für die Einwohner des Provinznestes. Cringus dachte daher intensiv über eine Lösung des Problems nach und präsentierte in der vorigen Woche eine gleichermaßen ungewöhnliche wie erfolgversprechende Strategie. In einer Art Festungsgraben zwischen dem Spielfeld und der Tribüne schwimmende Krokodile sollen künftig Rowdies an der Spielerjagd hindern.

Der Vorschlag brachte Steaua Nicolae Balcescu Schlagzeilen in aller Welt ein. Aber einen Witz, so legte Cringus jetzt nach, habe er wirklich nicht machen wollen. »Es ist mir absolut ernst«, sagte er der BBC.

Auf die Idee mit den Krokodilen sei er bei einem Besuch in der 20 Kilometer entfernten Kreisstadt Rimnicu Vilcea gekommen. Dort habe er in einer Zoohandlung einige der Amphibien entdeckt. »Und als ich dann noch feststellte, dass sie pro Tier bloß 470 Euro kosten, bin ich gleich zu unseren lokalen Geschäftsleuten gegangen und habe sie um Unterstützung gebeten.«

Nachdem er genügend Sponsoren gefunden hatte, machte sich Cringus an den Bau des Krokoheims. Rund ums Spielfeld wurde bereits ein Graben ausgehoben, in dem mit Wasser gefüllten Wehr machen es sich derzeit aber erst einmal nur Pulle-Entchen gemütlich.

Im Frühling sollen die Krokodile dort einziehen. Für ihre artgerechte Haltung bürgt der Dorfpriester. Der 83jährige Ionel Teodorescu ist gleichzeitig der Veterinär von Nicolae Balcescu und einer der größten Fans des Vereins. Er hat nur ein einziges Spiel verpasst, was ihn bis heute sehr ärgert. Aber damals ging es um ein Schweineleben, und das war selbst für ihn wichtiger als das Match.

Aber was werden die Krokodile fressen? Auf keinen Fall Fans, darauf legt der Vereinsvorstand großen Wert. Der Graben sei schließlich so angelegt, dass niemand versehentlich hineinplumpsen könne, und überdies sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Krokos jemals Hunger leiden müssen. Der örtliche Schlachthof erklärte sich zum Sponsoring bereit, die Panzerechsen essen durchaus auch tote Tiere.

So scheint der Verbleib von Nicolae Balcescu in der vierten Liga gesichert. Der Club, der nicht einmal über ein eigenes Vereinsheim verfügt und der die Teambesprechungen am Billardtisch einer benachbarten Kneipe durchführt – die Taktik wird mit Hilfe der Kugeln erklärt –, muss jetzt nur noch dafür sorgen, dass die Bälle nicht ins Krokogehege fliegen. Denn die Verbandsregeln sehen schwere Strafen vor, wenn dem gastgebenden Verein die Bälle abhanden kommen.

elke wittich