Downer Under

Auch australische Truppen beteiligen sich am Irakkrieg. Die Zustimmung der Bevölkerung wächst, die Proteste werden schwächer. von martin kröger

Es ist keine Frage der Religion, es ist eine Frage der Gerechtigkeit, und es ist eine Frage der notwendigen Schritte, um Angriffe auf verschiedene Länder, inklusive Australien, in der Zukunft zu verhindern.« Australiens Premierminister John Howard betont immer wieder, dass es sich beim Angriff auf den Irak um einen gerechten Krieg handele. Deshalb reihte sich die konservative Regierung auch von Beginn an bedingungslos in die »Koalition der Willigen« ein und stellte Truppen für den größten Militäreinsatz des Landes seit dem Vietnamkrieg bereit.

»Das Personal aus allen drei Waffengattungen spielt weiterhin eine vitale Rolle in der vordersten Front der Koalitionsoperationen gegen den Irak«, erklärte jüngst Verteidigungsminister Robert Hill. Insgesamt schickt die australische Regierung 2 000 Soldaten in den Irakkrieg, beteiligt sind Einheiten des Special Air Service (SAS), der schon im Afghanistankrieg im Einsatz war, 14 Jagdbomber des Typs F-18 Hornet, zwei Fregatten und Marinetaucher. Das ganze nennt sich »Operation Falconer«

Australien stellt nach den Vereinigten Staaten und Großbritannien das drittgrößte Kontingent im Irakkrieg. Seit dem Beginn der Kämpfe operieren die SAS-Einheiten auf irakischem Gebiet. An einem Angriff auf Nachschubeinrichtungen der irakischen Armee sollen sie beteiligt gewesen und zusammen mit Briten und Amerikanern auf mehrere Lager, in denen Massenvernichtungswaffen vermutet wurden, angesetzt worden sein. Dabei sei man allerdings nicht fündig geworden. Ein weiteres Ziel der SAS waren die vermuteten Abschussrampen im Westen des Landes, von denen aus Israel mit Scud-Raketen hätte beschossen werden können.

Unumstritten sind die australischen Spezialeinheiten nicht, im Osttimorkonflikt sollen sie 1999 zwei Mitglieder proindonesischer Milizen gefoltert und getötet haben. Die Untersuchung von Behörden der Vereinten Nationen wurden später ergebnislos eingestellt.

Die australischen Kriegsflugzeuge unterstützen die Koalitionstruppen bei ihrem Vormarsch auf Bagdad. Bereits in den ersten Kriegstagen kam es zu einem Zwischenfall. Ein australischer Jagdbomber war trotz eines Angriffsbefehls abgedreht und hatte dies mit der Anwesenheit von Zivilisten im Zielgebiet erklärt. Der Vorfall soll für einigen Ärger innerhalb der Kriegskoalition gesorgt haben. Der australische Luftwaffenbefehlshaber Angus Houston sah dagegen kein Problem: »Was passierte, ist reine Routine. Wenn nicht alles zu 100 Prozent stimmt, fahren wir nicht mit den Aufträgen fort«, außerdem »unternehmen wir alles, um sicher zu stellen, dass wir keine zivile Infrastruktur oder Zivilisten in der Nähe der Ziele treffen«.

Tatsächlich scheinen in Australien genaue Vorschriften für die Ausführung der Luftangriffe zu existieren. Auch die Vereinigten Staaten zeigten sich von den Australiern beeindruckt, sie forderten unlängst sechs Spezialisten der australischen Luftwaffe an, die dafür ausgebildet sind, Luftbildaufnahmen exakt auszuwerten und Angriffsziele zu bestimmen.

Auch in der Nachkiegsperiode will Australien seine »nationalen Interessen« in der Region wahren und eventuell zusammen mit den Amerikanern und Briten eine militärische Übergangsregierung bilden. »Wir bleiben, um für Stabilität zu sorgen«, sagte Premierminister Howard. Australische Interessen spielten auch beim Besuch des Außenministers Alexander Downer in Washington am Dienstag der vergangenen Woche eine große Rolle. Statt Howard reiste Downer in die USA, da der Premierminister der Meinung war, in Kriegszeiten sei sein Platz an der Heimatfront.

Zwar ging es bei den Gesprächen um die Beteiligung der Vereinten Nationen am Wiederaufbau des Irak und an der Interimsregierung, Downer versuchte allerdings auch, die Wünsche der australischen Wirtschaft beim Wiederaufbau gegenüber den Verbündeten abzusichern.

Mit Erfolg. Australische Firmen seien nun in die Wiederaufbauprojekte »eingebettet« worden, sagte der Außenminister in Washington. Außerdem konnte einer der wichtigsten Märkte für die heimische Agrarindustrie gesichert werden. Australischer Weizen darf auch in Zukunft mit amerikanischer Billigung in den Irak geliefert werden. Zwei Schiffe mit 10 000 Tonnen seien bereits auf dem Weg.

Auch Alain Ramzey, ein Kolumnist des Sydney Morning Herald, sieht hinter dem australischen Engagement ökonomische Gründe und konstatiert, dass die australischen Einheiten »nur zur Schau da« sind.

Da bisher keine australischen Soldaten verletzt oder getötet worden sein sollen und auch die australischen Interessen gesichert scheinen, steigt die Zustimmung der Bevölkerung zum Krieg wieder. Eine minimale Mehrheit von 51 Prozent soll nach der jüngsten Umfrage der Zeitung The Australian die Regierung unterstützen. Gegen den Krieg sollen sich noch 38 Prozent aussprechen. Vor dem Krieg lehnten drei von vier Befragten eine Beteiligung ohne ein Mandat der Vereinten Nationen ab.

Auch die Protestaktionen haben merklich nachgelassen. Zuletzt kamen in Sydney noch 500 Studenten zusammen, um gegen den Angriff auf den Irak zu demonstrieren; in den ersten Kriegstagen waren es regelmäßig mehrere zehntausend Menschen, die gelegentlich sogar für Aufsehen in aller Welt sorgten. Denn am 24. März versuchten Demonstranten, das Parlament in der Hauptstadt Canberra zu stürmen.

Zwei Tage später kam es in Sydney zu Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Studenten und Schülern auf der einen und der Polizei auf der anderen Seite. Nach Ansicht der Gruppe »Books not Bombs«, die den Marsch mitorganisierte, lag das allerdings nur an der starken Präsenz der Ordnungskräfte, die die Ausschreitungen provoziert hätten.

Dass die Proteste kleiner geworden sind, liegt auch daran, dass immer mehr Demonstrationsverbote erlassen werden. Außerdem werde in den Medien gegen die Kriegsgegner gehetzt, wie Kylie Moon von Books not Bombs meint: »Das ist ein Teil einer Kampagne der Regierung und der Medien, um die kraftvolle Jugendfraktion in der Antikriegsbewegung anzugreifen und zu marginalisieren, und um islamische Jugendliche aus dem Nahen Osten zu verunglimpfen.« In australischen Medien war zuvor kolportiert worden, dass arabische Jugendliche die Demonstration instrumentalisiert hätten.

Ein Grund für den Aufschwung der Kriegsbefürworter könnte die zweideutige Politik der größten Oppositionspartei, der Labor Party, sein. Sie unterstützte zwar einen Antrag der Grünen, die australischen Truppen aus dem Irak abzuziehen, ließ aber den Begriff »sofort« aus dem Antrag streichen und durch »sicher« ersetzen.