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Fundamentaler Irrsinn

NS-Vergleich. Weil es beim Thema Schwangerschaftsabbruch um eine fundamentale Frage gehe, müssten sich Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, drastisch formulierte Kritik gefallen lassen. So urteilte das Oberlandesgericht (OLG) in Karlsruhe in der vergangenen Woche. »Drastisch« heißt in diesem Fall nichts weniger, als dass ein Vergleich mit dem Holocaust zulässig ist. »Damals: Holocaust – heute: Babycaust«, lautete ein Slogan des angeklagten Klaus Günter Annen aus Weinheim.

Auch andere »Lebensschützer« sind der Meinung, dass es keine wesentlichen Unterschiede gibt zwischen der systematischen Ermordung von sechs Millionen Juden und dem Recht einer Frau, über ihren Körper zu bestimmen. Auf der Website der Aktion Leben e.V., einer »christlichen Bürgerinitiative zum Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod«, findet man eine kleine Tabelle, die den Schluss nahe legt, »Morde und Verbrechen«, »Brutalitäten« und »Menschenrechtsbrüche« von »damals« und »heute« seien das Gleiche. Fotos abgemagerter KZ-Häftlinge und toter Embryonen untermalen die Gleichsetzung der Verbrechen in den Vernichtungslagern mit Abtreibungen.

Weil das OLG Stuttgart Klaus Günter Annen in einem ähnlichen Fall verurteilte, wird sich möglicherweise der Bundesgerichtshof mit der Sache befassen müssen.

Dumm gespart

Sparmaßnahmen. Wenn die Berliner Humboldt-Universität (HU) ihre Drohung wahr macht, werden im nächsten Wintersemester 6 000 potenzielle Studienanfänger in die Röhre schauen. Auf einer Pressekonferenz der drei Universitäten der Stadt verkündeten die Präsidenten, die HU werde keine Erstsemester aufnehmen, während die Freie und die Technische Universität einen Numerus Clausus für alle Fächer einführen werden. Zudem solle es einen Einstellungsstopp geben.

Dazu soll es kommen, wenn der Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wie geplant 20 Prozent des jährlichen Landeszuschusses für die Universitäten streicht. »Wir werden ganze Studiengänge aufgeben müssen und können den Anfängern keinen Abschluss mehr bei uns zusichern«, erklärte der Präsident der HU, Jürgen Mlynek. Insgesamt müssten die Unis 20 000 der 85 000 Studienplätze streichen, obwohl in Deutschland relativ wenige Menschen studieren. Während hier rund 30 Prozent eines Jahrgangs eine Hochschule besuchen, sind es in Finnland zwei Drittel.

Satan vor Gericht

Rechtsextremismus. Auf den als »Satansmörder« bekannt gewordenen Neonazi Hendrik Möbus wartet ein neuer Prozess. Seit dem vorigen Dienstag muss sich der 27jährige zusammen mit seinem 31jährigen Bruder in Erfurt wegen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung und Verunglimpfung in über 20 Vergehen vor Gericht verantworten.

Möbus hatte vor zehn Jahren in Sondershausen (Thüringen) mit zwei Komplizen den 15jährigen Sandro Beyer erdrosselt. Er habe den Mord »im Namen Satans« verübt, sagte er. Das Opfer habe den Tod verdient. Nach einer Verurteilung zu einer achtjährigen Jugendstrafe, flüchtete Möbus in die USA, wo er gute Kontakte zur rechtsextremen National Alliance um William Pearce knüpfte. Doch 2001 wurde er abgeschoben. Zurück in Deutschland, fasste er rasch neuen Mut und gründete mit seinem Bruder eine satanische Firma, den heidnisch rechtsextremen Musikverlag »Darker than black«, über den er SS-Tonträger, T-Shirts und Nazidevotionalien verkaufte. Der Wille zur Selbstständigkeit wurde ihm zum Verhängnis.

Antibahnbewegung formiert sich

Deutsche Bahn. Man weiß nicht, ob das knappe Fünftel der BahnkundInnen, das seit der Einführung des neuen Preissystems bei Fernreisen auf andere Verkehrsmittel zurückgreift, dies freiwillig tut. Denkbar ist auch, dass die Angestellten an den Schaltern der Deutschen Bahn AG es nicht schaffen, die richtige Auskunft über die neuen Beförderungsbedingungen zu geben. Sollte es sich um einen stillschweigenden Protest handeln, bekommt er bald Verstärkung. Am Mittwoch der vergangenen Woche rief die für Verbraucherfragen zuständige Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp, zu einem befristeten Boykott auf, mit dem gegen den schlechten Service protestiert werden soll. Nach ihrer Vorstellung sollen auch PendlerInnen und die »19 Millionen Zwangsfahrer ohne Auto und Führerschein« eine Woche lang Mitfahrzentralen und Fahrgemeinschaften in Anspruch nehmen.

Falls die Lokomotivführer nun trotz des Streikverbots ihre Arbeit niederlegen und die CDU-Senioren für den Erhalt der Senioren-Bahncard auf die Straße gehen, könnte sich eine neue soziale Bewegung bilden.

Falschgeld für die Falschen

Blüten. Wer Geld braucht, der macht sich einfach welches. Nach dieser Devise scheinen nicht wenige zu verfahren, fiel dem Bundesbank-Vorstand Franz-Christoph Zeitler in der letzten Woche auf. »Wir stellen eine Zunahme bei gefälschten Euro-Banknoten fest«, sagte er der Welt am Sonntag. Inzwischen sei schon das alte Niveau erreicht: Auf 100 000 Banknoten in Mark kam im Schnitt eine gefälschte. Auch nehme die Qualität der Fälschungen zu, und man könne nicht ausschließen, dass sich der Anteil an Falschgeld noch weiter erhöhe.

Bemerkenswerterweise sind die Euro-Blüten – meist 200-Euro-Scheine – vermehrt in wirtschaftlich starken Regionen wie Bayern und Baden-Württemberg aufgetaucht. Können die einfach nicht genug kriegen? Oder sind die anderen zu doof, um saubere Blüten zu drucken?