Die Farben der Revolution

Iran-Politik der USA von jörn schulz

Im April wurde die CIA autorisiert, »mit allen Mitteln« einen Regierungswechsel herbeizuführen. Man kontaktierte putschbereite Offiziere, platzierte regierungsfeindliche Artikel in der Presse, und im August konnte der Regime Change dann zum erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Der Putsch, den Großbritannien und die USA vor 50 Jahren im Iran inszenierten, stürzte den gewählten Premierminister Muhammad Mossadegh, der durch die Verstaatlichung der Ölindustrie den Unwillen des Westens auf sich gezogen hatte.

Wenn Vertreter der US-Regierung nun ankündigen, dieses Verfahren wiederholen zu wollen, sind deshalb auch Feinde des islamistischen Regimes in Teheran misstrauisch. Zweifellos hat sich seit 1953 manches in der US-Politik geändert. In Bill Clintons Amtszeit fand die erste prodemokratische Militärintervention der USA statt, die 1995 in Haiti Wahlen ermöglichte. Die Erkenntnis, dass unter den kapitalistischen Herrschaftsformen die parlamentarische Demokratie am besten geeignet ist, die gesellschaftliche Produktivität zu erhöhen, hat sich auch in den USA herumgesprochen. Der paranoide Antikommunismus, der die USA in einem liberalen Nationalisten wie Mossadegh einen sowjetischen Agenten sehen ließ, hat sich erübrigt. Solange die westlichen Staaten nicht befürchten müssen, dass sozialistische Kräfte an die Macht kommen, stehen der Demokratisierung nur geschäftliche Sonderinteressen entgegen, die die EU an die iranischen und die USA an die saudischen Fundamentalisten binden.

Die angekündigte Unterstützung demokratischer Reformen könnte den USA einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Nahen Osten bringen und der von George W. Bush in Konkurrenz zur EU propagierten Freihandelszone zum Durchbruch verhelfen. Dass dieser Vorteil nicht realisiert werden kann, wenn man seine Panzer auf eine Rundreise über Teheran und Damaskus nach Kairo schickt, ist auch den Neokonservativen klar. Weit weniger klar ist jedoch, wie politische Veränderungen eingeleitet werden sollen.

In den fünfziger Jahren setzten die USA auf die »grüne Revolution«, die zur Bildung einer kaufkräftigen Mittelschicht und letztlich zur Demokratisierung führen sollte. Dieses vom Schah in »weiße Revolution« umbenannte Programm scheiterte an der diktatorischen Umsetzung und der realen kapitalistischen Entwicklung, die statt Industriearbeitern Slumbewohner und statt zufriedener Mittelschichten verarmte Kleinbürger produzierte. Doch immerhin war es ein Programm, das klare Ziele und Methoden formulierte. Heute dagegen begnügt man sich mit Hinweisen auf den nach einer Demokratisierung des Irak zu erwartenden Domino-Effekt, während islamistische und nationalistische Propaganda auf das Ressentiment gegen »westliche Dekadenz« setzt, von deren Genüssen die Mehrheit der Bevölkerung ausgeschlossen bleibt. Gegen die puritanische Gehässigkeit, die jedes Vergnügen verbietet, das man selbst nicht haben kann oder will, hilft nur eine Politik, die die verbotenen Früchte der Moderne zugänglich macht. Eine solche Politik kann, wie es derzeit die irakische KP tut, die von den USA verursachte Destabilisierung pragmatisch nutzen. Wenn sie erfolgreich ist, wird sie jedoch schnell mit westlichen Interessen in Konflikt geraten. Die soziale Befreiung wird nur die rote Revolution erkämpfen. Im Iran und anderen Staaten der Region kann aber auch die für gesellschaftliche Demokratisierung notwendige soziale Gerechtigkeit nur von einer Bewegung, die den Kampf gegen die Diktatur mit dem Klassenkampf verbindet, verwirklicht werden.