Nachrichten

Streichen und strafen

EU. So ein Zufall! Nur wenige Tage nach der gescheiterten Debatte um eine gemeinsame EU-Verfassung verlangen die zahlungskräftigsten Staaten der Union, den kommenden EU-Haushalt einzufrieren. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat zusammen mit seinen französischen, niederländischen, schwedischen, österreichischen und britischen Kollegen plötzlich festgestellt, dass eine zusätzliche Finanzierung nicht mehr möglich sei. Die sechs Staaten wollen ab 2007 das Budget auf ein Prozent der EU-Wirtschaftsleistung begrenzen. Vor allem Spanien und Polen müssten dann mit erheblichen Kürzungen von Finanzhilfen rechnen.

Kommissionspräsident Romano Prodi sprach sich vehement gegen diesen Vorschlag aus: Die EU-Regierungen hätten der Gemeinschaft schließlich eine ganze Liste neuer Aufgaben übertragen, und dazu gehöre unter anderem auch eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik. Und ohne eine entsprechende Erhöhung des Etats werde diese Aufgabe nicht zu bewältigen sein.

Aber vielleicht ist dies auch gar nicht mehr vorgesehen. Deutsche Politiker gehen mittlerweile davon aus, dass auch im nächsten Jahr keine Einigung mit Polen und Spanien gelingen werde. Sollten die künftigen Verfassungsberatungen abermals scheitern, »so muss die Lösung ›Kerneuropa‹ heißen«, meinte der CSU-Politiker und Vizepräsident des Europaparlaments, Ingo Friedrich, vergangene Woche.

Nichts als Arbeit

Frankreich. In Rekordzeit hat das französische Verfassungsgericht vergangene Woche das Gesetz zur Einführung des »Mindestaktivitätseinkommens« (RMA) abgesegnet. Das Gesetz kann nun, wie geplant, im nächsten Jahr in Kraft treten. Die Richter waren von den sozialdemokratischen Abgeordneten angerufen worden, nachdem der Entwurf vor zwei Wochen vom Parlament angenommen worden war. Das Gesetz sieht die mögliche Verpflichtung von Sozialhilfeempfängern zu 20 Stunden Arbeit pro Woche vor. Die Hilfe soll dafür um 183 Euro im Monat angehoben werden, was einem Stundenlohn von etwa zwei Euro entspricht. Falls die Behörden keine Jobs finden, können die Betroffenen auch an eine Zeitarbeitsfirma vermittelt werden.

Keine Entschädigung

Frankreich. Es war eine schlechte Woche für die ehemaligen französischen Zwangsarbeiter. Der Pariser Kassationsgerichtshof beschloss, dass die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Dritten Reichs grundsätzlich nicht für Entschädigungsforderungen ehemaliger französischer Zwangsarbeiter haften müsse. Das Urteil erging zum Abschluss eines Entschädigungsverfahrens, das ein ehemaliger Zwangsarbeiter angestrengt hatte. Das Gericht revidierte einen Beschluss des Arbeitsgerichts von Fontainebleau, das die Bundesregierung vor zwei Jahren im Fall von Roland Bucheron zur Lohnnachzahlung in Höhe von 15 244 Euro und zu 76 000 Euro Schadensersatz verurteilt hatte.

Während des Zweiten Weltkrieges verschleppten die Deutschen aus den besetzten Gebieten Europas über zehn Millionen Menschen, die anschließend oft zu jahrelanger Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft gezwungen wurden. 600 000 von ihnen stammten aus Frankreich. Die Bundesregierung und deutsche Unternehmen lehnen nach wie vor die Zahlung einer angemessenen Entschädigung ab.

Demobilize your enemy

Deutschland. Das Berliner Verwaltungsgericht hat einen juristischen Beitrag zur Demobilisierung sozialer Bewegungen geleistet. Es verwarf am vergangenen Mittwoch die Klage eines linken Aktivisten gegen ein im Juli 2001 erlassenes Ausreiseverbot. Fabian K. durfte damals nicht zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua fahren.

Mehrfach verschickten Landeseinwohnerämter in den letzten Jahren vor EU-, Nato-, WTO- und G 8-Gipfeln Ausreiseverbotsverfügungen an dutzende Personen, die verdächtigt wurden, im Ausland »Straftaten« begehen und dem »Ansehen Deutschlands im Ausland« schaden zu wollen. Bei Zuwiderhandlung droht den Betroffenen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen Verstoßes gegen das Passgesetz.