Ein neuer Besen

Korruptionsskandal in Griechenland von harry ladis

Nicht allzu lange hielt bei der sozialdemokratischen Pasok-Regierung die Begeisterung über die steigende Beliebtheit von Jorgos Papandreou an. Der neue Parteivorsitzende und Spitzenkandidat für die Wahlen am 7. März hatte verkündet, die angeschlagene Partei durch mehr Demokratie und eine »neue Moral« zu reformieren (Jungle World, 5/04). Was das bedeutet, bekamen einige seiner Genossen bereits zu spüren.

Am 23. Januar zwang Papandreou neun Pasok-Abgeordnete und den Vize-Finanzminister Christos Pachtas zum Rücktritt. In der Nacht davor war ein Gesetzentwurf verabschiedet worden, mit dem der Bau von Luxusvillen im idyllischen und unberührten Waldgelände Porto Karras in Chalkidiki, einer Halbinsel in Nordgriechenland, genehmigt wurde.

Pachtas soll die Gesetzesänderung im Eilverfahren in einem Parlamentsausschuss durchgedrückt haben. Die neun Abgeordneten wurden beschuldigt, das umstrittene Gesetz unterzeichnet zu haben. Allerdings hat der gefeuerte Abgeordnete Yiannis Anthopoulos inzwischen zugegeben, die Unterschriften von drei ebenfalls entlassenen Parlamentariern gefälscht zu haben. Der Wahlkampfleiter der Pasok, Theodoros Pangalos, ein alter Rivale von Papandreou, bezeichnete daher die Entlassungen als etwas voreilig. Man hätte die Abgeordneten zumindest anhören können.

Fakt ist aber, dass Pachtas, dessen Wahlbezirk Chalkidiki ist, recht lukrative Beziehungen zu dem Multimillionär Konstantinos Stegos pflegte. Dieser ist der Chef der Firma Technical Olympic. Er erwarb 1999 das Gelände von Porto-Karras mit dem dort befindlichen Kasino für einen lächerlichen Betrag. Ein alter Erlass von 1968 verbot jedoch dummerweise den Bau von Häusern auf der Halbinsel.

Die Argumente des Ministers sowie der ihn unterstützenden Parlamentarier für eine Gesetzesänderung waren relativ simpel. Damit sollten wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze gefördert werden. Zu den Unterstützern des Projekts gehörte auch der ehemalige Kandidat der Linksallianz für die Kommunalwahlen in jenem Bezirk, Spyros Vougias. Er hatte sich 1998 zum engagierten Ökologe stilisiert und damit 15 Prozent der Wählerstimmen eingefahren, was ihm ermöglichte, einen Parlamentssitz von Pasok zu ergattern. Er entschuldigte sich zwar im Fernsehen für sein Fehlverhalten, aber seine politische Karriere endete frühzeitig.

Porto Karras wurde europaweit bekannt, als im Juni 2003 in der abgeriegelten Idylle der EU-Gipfel stattfand. Während hunderttausend Demonstanten das Tränengas der griechischen Polizei zu spüren bekamen, profitierte Stegos, der Besitzer des Geländes, von den lukrativen Mietverträgen. Gute Kontakte bringen bekanntlich prominente Klienten. Seine Beziehungen erwiesen sich auch in anderen Bereichen als nützlich. Durch Börsenspekulation konnte seine Firma in den Jahren 1999 und 2000 Gewinne von 330 Millionen Euro einfahren.

Die rechte Partei Nea Dimokratia blieb von den Entlarvungen der vergangenen Wochen ebenfalls nicht verschont. Der Fraktionsvorsitzende, Prokopis Pavlopoulos, Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Athen, war als Rechtsberater von Stegos in einer Reihe von Angelegenheiten tätig, in denen es um die umstrittenen Waldflächen ging. Dennoch gelang es der Partei, sich als Korruptionsbekämpferin zu profilieren. Sie konnte ihren Vorsprung vor den Sozialdemokraten wieder kräftig ausbauen.

Papandreou hatte gehofft, mit seiner drastischen Reaktion auf den Skandal ein moralisches Zeichen der Erneuerung seiner Partei zu setzen. Doch die Wähler ließen sich davon nicht überzeugen. Und in seiner Partei ist man sowieso nicht so glücklich darüber, dass er sich auf Kosten von eigenen Abgeordneten als Saubermann profilieren will.