Maloche ist Spitze

Neuer Ak-Kraak-Film

Was passiert, wenn in einer Fabrik nicht die Arbeiter gehen müssen, sondern sich der Chef aus dem Staub macht? Was, wenn er auch nach knapp drei Jahren nicht wieder zurückgekehrt ist? Diesen Fragen versucht der Dokumentarfilm des unabhängigen Berliner Videofilmerkollektivs Ak Kraak »Mate, Ton und Produktion« über die besetzte, selbstverwaltete Kachelfabrik Zanon im Süden Argentiniens nachzugehen.

Die Mitglieder von Ak Kraak stellen sich in ihrem Film zwei Aufgaben. Einmal wollen sie klären, was genau bei Zanon passiert ist und warum. Zum anderen wollen sie den europäischen, respektive deutschen, Zuschauern ein Gefühl der persönlichen Anteilnahme vermitteln. Beides zusammen zu erreichen, war sichtbar schwierig.

Vorausgesetzt wurde, dass, wer den Film guckt, mindestens ein Faible für die sozialen Bewegungen Lateinamerikas hat. Besser noch, er oder sie möchte selber mal eine Fabrik besetzen oder zumindest wissen, wie das die Leute in anderen Ländern so angestellt haben. Fest steht schon vorher: Sowohl Bewegung, als auch Arbeiterselbstverwaltung finden erstmal alle toll. Daraus folgt für die Filmemacherinnen: Die Informationen sind gar nicht so wichtig. Kritische Nachfragen sind egal, stattdessen hören wir uns einfach unkommentiert die Stimmen der Helden, ergo der Arbeiter an.

Der Traum der Arbeiterin Aida ist es, »dass die Fabrik hier am Ort und die Leute nicht ohne Arbeit bleiben. Schließlich muss jeden Tag die Wäsche gewaschen werden.« Ihr Kollege Raúl interpretiert Zanon hingegen als Teil eines weltweiten Kampfes für eine gesellschaftliche Veränderung. Falls es demnächst zu einer »großen Explosion« in Argentinien kommen sollte, seien die Leute hier vorbereitet. Dass man sich nicht vom kapitalistischen Systems isolieren könne, sei jedoch klar. Trotzdem sei jetzt, da die Bosse weg sind, alles viel besser.

Malochen macht, so hat es den Anschein, jetzt richtig Spaß, auch wenn offen bleibt, was mit einem passiert, der vielleicht gar nicht arbeiten will. Mehr Lohn für mehr Freizeit scheint bei Zanon nicht das Programm zu sein. Die konkreten Verbesserungen – außer täglichen Plena und Kontrolle des Produktionsprozesses – bleiben im Unklaren. Alle sind einfach nur glücklich, dabei zu sein und sich rund um die Uhr zu engagieren. Fast alle. Von 60 weiblichen Beschäftigten sind nur sieben geblieben. Aida berichtet von den weiter bestehenden Doppelbelastungen für die Frauen.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Film eine Art freiwillige Selbstausbeutung idealisiert, oder zumindest nicht hinterfragt. Angesichts von mittlerweile fast 200 legalen wieder besetzen Fabriken in Argentinien muss man sich fragen, ob kleine Biotope wie Zanon wirklich wie früher eine Gefahr für die Herrschenden darstellen, weil, so Raúl, die »Essenz« – nämlich das Privateigentum – angegriffen werde. Übernehmen sie nicht inzwischen vielmehr einfach staatliche Aufgaben? Sollen doch die Beschäftigten ihre Wäsche selber waschen, Arbeit ist ohnehin nicht da.

jessica zeller

Ak Kraak »Mate, Ton und Produktion«: Mi, 25.2., 21.00, Durchs Fenster, Kreutzigerstraße, Berlin Friedrichshain, Fr, 27.2., 21.00, Videokino Peliculoso, Köpenickerstr.137, Berlin Mitte

Infos unter: akkraak@assi.tv