Wie immer ganz nackt

Die neue »Big Brother«-Staffel

Sorry, »Big Brother«, aber so geht das nicht: Erst groß ankündigen, dass nun alles sowas von besser und spannender und innovativer werden wird und dann doch nur die immergleiche Gähnkacke produzieren. Mit Kandidaten, die es so oder so ähnlich schon in den ziemlich öden Staffeln II bis IV gab. Versammelt sind auch diesmal neben unauffälligen Vorsichhinlebern der obligatorische sportliche Frauenaufreißer, die eloquente Verschuldete, der hübsch-langweilige Schwabe und natürlich die sexy Schlampe. Sowie die Strip-Schnalle, die schon vorab per Bild verkünden ließ, sie komme kaum einen Tag ohne Sex aus und werde die Typen im Haus mit gezielten Nackttänzen in den Wahnsinn treiben. Oder so ähnlich.

In Wahrheit tun die Fünfer-Kandidaten jedoch nur das, was alle anderen »BB«-Insassen vor ihnen auch schon so getan haben: Sie schlafen, sie essen, sie trällern Liedchen, sie unterhalten sich. Und sie duschen. In der ersten Staffel füllten diese Duschszenen noch ganze Seiten der einschlägigen Boulevardblätter, mittlerweile aber scheint die Tatsache, dass die »BB«-Kandidaten Penisse und die Kandidatinnen Brüste haben, selbst Express und Co. nicht mehr zu elektrisieren.

Denn eigentlich sind an »Big Brother« nur die Intrigen interessant. Um ein paar gehässige Bemerkungen zu hören, ist es aber gar nicht nötig, sich täglich zwischen 19 und 20 Uhr vor dem Fernseher zu langweilen. Dafür gibt es schließlich das Ioff, das inoffizielle Fernseh-Forum im Internet, wo die wahren Helden von »Big Brother« aktiv sind, die BB-Tagebuchschreiber. Rund um die Uhr beobachten sie seit der ersten Staffel per Livestream oder Premiere-Sonderkanal die Geschehnisse im Container und schreiben sie auf. Dabei entwickelten sie rasch eine eigene Sprache: »Mlw« bedeutete im Erststaffelsprech: Manu labert wieder, die »KAM-Verschwörung« stand damals für die einschlägigen Intrigen von Kerstin, Alex und Manu.

Und nach einer ziemlich kleinen Weile konnten sie sogar erkennen, welcher Kameramann gerade Dienst hatte. Für den Faulen, der nachts mit Vorliebe stundenlang Esstische abfilmte war ebenso rasch ein Spitzname gefunden wie für den treu und brav auf alles Haltenden – der heißt seither Jim. Und wird häufig gedisst, wenn er wieder einmal die langweiligsten Szenen präsentiert, während sich im Hintergrund klar und deutlich spannende Streits oder menschliche Dramen abspielen. Eigentlich sind die Diary-Verfasser aber gehalten, möglichst keine Wertungen in ihre Berichte einfließen zu lassen. Hin und wieder aber wird es selbst dem nüchternsten Chronisten zu viel: »Jim zeigt uns Achim vor dem dampfenden Pool. Sascha kommt hinzu und stellt fest: ›Morgen ist der morgige Tag!‹ – Eine Logik, die Angst macht.« Und warum sollte man den Fernseher anschalten, wenn Beschreibungen wie diese völlig genügen? »Die Survivor lesen gerade die ›Bedienungsanleitung‹: Wie häute ich ein Kaninchen. *rgx* Sie spielen Krankenhaus und der Rammler ist der Patient. Micha meint, die Leichenstarre habe schon eingesetzt, Sandra entgegnet, der arme Kerl habe bestimmt heute früh noch gelebt. Micha bittet die Kinder, die zuschauen, abzuschalten, weil es jetzt brutal würde. Sie stellen sich vor, wie die Kinder schreien: ›Die haben Bugs Bunny getötet‹«.

elke wittich