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Zu aufgeklärt

Türkei. Freimaurer berufen sich auf die Ideale der Aufklärung, legen Wert auf Individualismus und geistige Unabhängigkeit. Kein Wunder, dass sie weder bei Nazis noch bei religiösen Fanatikern besonders beliebt sind. Am Dienstag der vergangenen Woche stürmten zwei Männer das Restaurant einer Freimaurerloge in Istanbul, schossen einen Wachmann nieder, schrieen »Allahu akbar« und zündeten Rohrbomben, die sie am Körper trugen. Bei dem Anschlag kam neben dem Wachmann einer der Attentäter ums Leben. Sechs Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Von offizieller Seite wurde ein Zusammenhang mit den verheerenden Anschlägen im November auf eine britische Einrichtung und zwei Synagogen ausgeschlossen.

Bereits im Oktober riefen zwei Männer vor einem Istanbuler Freimaurerhaus: »Nieder mit der israelischen Loge!« Für Islamisten stehen die Freimaurer an der Seite der USA und Israels. Nach den Anschlägen im November waren daher die Sicherheitsvorkehrungen für ihre Treffpunkte verstärkt worden. Auch der Staatsgründer der Türkei, Kemal Atatürk, bei radikalen Moslems ebenfalls nicht beliebt, war Mitglied einer Freimaurerloge.

Stabwechsel

Griechenland. Die griechische Bevölkerung wird sich an neue Gesichter gewöhnen müssen. Die konservative Nea Dimokratia (ND) feierte bei der Wahl vor zwei Wochen mit 45 Prozent einen in dieser Höhe nicht erwarteten Triumph. Die sozialdemokratische Pasok regierte mit einer kurzen Unterbrechung seit Anfang der neunziger Jahre. Einen spürbaren Politikwechsel wird es zunächst nicht geben. Die ND hat die gleiche neoliberale Ausrichtung wie die Pasok und wird sehr vorsichtig agieren. Um keine Massenstreiks zu provozieren, ist zumindest vor den Olympischen Spielen keine arbeiterfeindliche Politik zu erwarten. Auch über die so genannten nationalen Herausforderungen herrscht weitgehend Einigkeit. Die Lösung des Zypernproblems, die Olympischen Spiele 2004, die Zerschlagung der radikalen linken Opposition und die weitere Aussöhnung mit der Türkei haben oberste Priorität.

Um die Sicherheit der Spiele zu garantieren, hat Griechenland am Freitag die Nato offiziell um Unterstützung gebeten. Sie soll bei der Sicherung des Luft- und Seeraumes sowie beim Schutz vor chemischen, biologischen und atomaren Zwischenfällen helfen. Am 9. März begann bereits ein Anti-Terror-Manöver unter Beteiligung von mehr als 500 US-amerikanischen und 1 500 griechischen Sicherheitskräften und Militärs, was gegen die griechische Verfassung verstößt, die fremde Soldaten auf griechischem Territorium verbietet. Am folgenden Tag fanden deshalb Demonstrationen in Athen und Thessaloniki statt.

Späte Einsicht

Schweiz. »Von heute aus gesehen war es falsch, damals war es richtig.« Mit dieser Argumentation versuchte der Schweizer Justizminister Christoph Blocher vergeblich, ein Gesetz zur Entschädigung von Zwangssterilisierten zu verhindern. Der Nationalrat rang sich am Mittwoch dazu durch, den Opfern der Eugenik eine »symbolische« Wiedergutmachung von 5 000 Franken zu zahlen. Neue Studien hatten ergeben, dass bis in die achtziger Jahre zumeist junge Frauen aus der untersten sozialen Schicht gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht worden waren. Insgesamt sollen Tausende betroffen sein. Genaue Zahlen sollen in den nächsten Monaten vorliegen. Das Entschädigungsgesetz wurde nur mit 86 zu 76 Stimmen angenommen. Mehr Zuspruch gab es für ein Gesetz, das künftig Sterilisationen gegen den Willen der Betroffenen und bei unter 18jährigen verbietet. Die Schweiz hat in Sachen Eugenik eine lange Geschichte. Der Zürcher Psychiater August Forel zählte am Ende des 19. Jahrhunderts zu deren Wegbereitern.

Ökopower

Lettland. Die Grünen verorten sich im Parteienspektrum rechts von der Mitte, zumindest in Lettland, wo sie den ersten Ministerpräsidenten einer Öko-Partei Europas stellen. Der neue lettische Präsident Indulis Emsis gehört der Grünen Bauernunion an. Er wurde am Dienstag vergangener Woche von seinen rechtskonservativen Koalitionspartnern, der Bürgerpartei TP und der Ersten Partei, gewählt. Da sie im Parlament nicht die Mehrheit haben, wurde er auch von Parlamentariern der linken Parteien, die die russischsprachige Minderheit vertreten, unterstützt. In den vergangenen Jahren arbeitete der promovierte Biologe in verschiedenen Regierungen als Umweltminister mit. Er gilt als Pragmatiker und Verfechter einer toleranten Minderheitenpolitik. Seine Zeit als Regierungschef könnte allerdings nur von kurzer Dauer sein. Im Herbst wird ein neues Parlament gewählt und seine Partei erhielt bei den vergangenen Wahlen gerade einmal neun Prozent der Stimmen.

Gefahr in Orange

Italien. »Orange Sphinx« nannte die Flughafenpolizei von Malpensa in Mailand die Operation. Sphinx, weil es um illegale Einwanderer aus Ägypten ging. Orange, weil diese, mit orangeroten Uniformen als Putzpersonal verkleidet, mit Hilfe von Angestellten einer Putzfirma nach Italien geschmuggelt wurden. Die ägyptischen Bürger wurden noch vor den Passkontrollen von ihren »Kollegen« abgeholt, sie verkleideten sich in den Toiletten, um dann als falsche Putzleute unbemerkt den Flughafen zu verlassen. Eine originelle Methode, die Grenzen der EU zu durchbrechen. Und sicherer als der übliche Weg über das Mittelmeer, den die meisten wählen, um Europa zu erreichen. Monatelang funktionierte die Schmuggelaktion reibungslos. Erst als ein »Kunde« seinen Kontaktmann am Flughafen verpasste und daraufhin kontrolliert wurde, fiel die Geschichte auf. In der vergangenen Woche wurden die Schmuggler gefasst. Die Beamten trugen ebenfalls orange Uniformen, um die falschen Putzkolonnen zu beobachten.