Bleibt populär!

Der letzte linke Student XXXII

Der letzte linke Student ist wie immer: nachdenklich. Denn: der letzte linke Student ist auf einer Veranstaltung gewesen. Dort: hat er einen Vortrag gehört. Der Vortrag aber: entsprach nicht dem, was der letzte linke Student gern gehört hätte. Er war einfach: zu einfach.

Zwar unterschreibt auch der letzte linke Student jede Petition, auf der die Abschaffung des Kapitalismus gefordert wird. Oder: eine bessere Welt für unsere Kinder. Oder: ein Arbeitsplatz für jeden. Und: jede. Aber: der letzte linke Student weiß auch: Das allein genügt nicht. Das alles: rettet uns nicht. Weil: Revolution ist nur ein Wort. Bekanntlich: müssen wir das Wort leben. Dann erst: wird das Wort Welt. So hat es Mao geschrieben. Oder Carlos Castaneda. Auf jeden Fall darf man es sich nicht zu einfach machen.

Einerseits: muss man selbstverständlich etwas fordern. Gerade als Linker! Weil die Linke nie zufrieden ist. Das wiederum: kommt von der Kritik! Kritik heißt nämlich übersetzt: Antizufriedenheit. Andererseits allerdings: müssen die Forderungen präzise sein. Und das müssen sie noch sein: realisierbar. Nun sagen wir alle: Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche! Was heißt: alles geht, wenn man es nur ganz fest will. Nur, das ist eben auch klar: Dann muss man dafür kämpfen. Nämlich: um das Unmögliche ringen. Beispielsweise: mit jedem Wort. Genauso hat das Che damals gemeint. Und genauso hat das danach auch gemeint: jeder, der das aufs Transparent geschrieben hat.

Der Vortrag nun wieder: hat es sich zu einfach gemacht. Genauer: der Vortragende. Denn: Parolen allein genügen nicht. Zumindest nicht: denen, die wissen. So hat es der letzte linke Student gerade zu der neuen schönsten Studentin gesagt. Doch: die neue schönste Studentin hat gesagt, dass man das sonst nicht versteht, das Linke. Wenn man: noch nicht so drin ist wie beispielsweise der letzte linke Student. Das hat den letzten linken Studenten aufgerüttelt. Schon weil: die neue schönste Studentin es gesagt hat. Aber auch weil: ihn sein Wissen so arrogant gemacht hat.

Jetzt merkt der letzte linke Student, dass es vielleicht doch nicht so schlecht ist, Parolen zu benutzen. Denn: sie erreichen die Leute, die die Linke noch nicht erreicht hat. Und die Linke muss auch noch viele Leute erreichen. Denn: bislang ist der letzte linke Student ja noch immer der allerletzte linke Student. Das freilich kann: kein Zustand bleiben. Daher schreibt der letzte linke Student jetzt in sein besonderes Notizbuch: »Populäre Sätze sind nicht schlimm. Der Populismus hat eine jahrtausendealte Tradition, die geht von Cicero bis Michael Moore. Dem Populismus kann man also nicht nur Vorwürfe machen. Der Populismus erlaubt es uns AktivistInnen, eine möglichst breite Leserschaft mit unseren Gedanken zu erreichen. Allerdings muss man immer darauf achten, seine eigene ehrliche Meinung zu vertreten. Sonst kann der Populismus missbraucht werden. Wenn man das berücksichtigt, darf man ruhig einiges verkürzen. Außerdem heißt es noch lange nicht, dass man sein Hirn ausstellt, wenn einem einer aus der Seele spricht.« Wie immer: Der letzte linke Student hat Recht! Vor allem: mit Hirn und Seele. So was kommt: vom Denken. Und auch wir sollten uns ruhig mal die Zeit nehmen und uns einen ordentlichen Kopf machen.

jörg sundermeier