Unvollendetes Kunststück

UN und Antisemitismus von thomas von der osten-sacken

Eine noch engere Kooperation mit der arabischen Welt, oder besser gesagt mit den Regierenden und den islamistischen Eliten, ist bekannterweise die Antwort des alten Europas auf den amerikanisch geführten »War on Terror«. Während die EU ihre Zahlungen an die Palästinensische Nationalbehörde auf 250 Millionen Euro verdoppelt, stimmten ihre Mitgliedsländer– mit Ausnahme Hollands – dem arabischen Antrag in der UN-Vollversammlung zu, von Israel den Abriss jenes Sperrzauns zu fordern, dessen Errichtung in den vergangenen Monaten bereits die Zahl von Suicide Bombings rapide sinken ließ.

Inhaltlich sind inzwischen die Positionen europäischer und arabischer Regierungen nahezu ununterscheidbar geworden, lediglich im Stil bestehen noch Differenzen. So, wie Deutschland das Kunststück fertig brachte, dass am gleichen Tag in Beirut die Friedrich-Ebert-Stiftung mit Vertretern der Hizbollah konferierte und in Brüssel deutsche Regierungsvertreter den wachsenden Antisemitismus beklagten, sollte in der UN-Vollversammlung erstmals Antisemitismus verurteilt werden. Zur Erinnerung: In offiziellen Erklärungen der UN findet sich das Wort Antisemitismus erstmals 1998, während 40 Prozent aller Verurteilungen der UN-Menschenrechtskommission Israel betreffen.

Offenbar hingen die Europäer der Hoffnung an, auch die arabische Welt von den Vorzügen einer solchen Resolution überzeugen zu können. Denn wer Antisemitismus brandmarkt, kann bekanntlich ein Antisemit nicht sein und deshalb im Namen des Völkerrechts umso härtere Maßnahmen gegen den jüdischen Staat fordern.

Da bereits im Dezember 2003 entsprechende Bemühungen am Widerstand der arabischen Staaten gescheitert waren, legte man nun eine neue weichgespülte Version des Antrags vor. Doch auch dieser Text stieß auf scharfen Widerspruch. Also traf sich pflichtschuldig eine europäische Delegation mit ihren arabischen Kollegen zum klärenden Gespräch. Ohne Erfolg. PLO-Vertreter Nasser al Kidwe lehnte jede Verurteilung des Antisemitismus vehement ab. Sein marokkanischer Kollege Mohammed Banone fürchtete, eine Verurteilung des Antisemitismus würde lediglich die UN spalten, und der jordanische UN-Botschafter erklärte, sie würde es nur Israel ermöglichen, fortan alle Kritik am jüdischen Staat als antisemitisch zu denunzieren.

Längst betrachten die arabischen Staaten ebenso wie andere Drittweltdiktaturen – Zimbabwe und der Sudan sind frisch gewählte Mitglieder des UN-Menschenrechtsausschusses – die UN als ihre Organisation. Von Europa wird erwartet, sich dem herrschenden Stil anzupassen. Und wer nur geringste Zweifel anmeldet, den trifft der Bannstrahl, wie kürzlich den UN-Sonderdelegierten für den Nahen Osten, Terje Roed-Larsen. Er ist bekannt als Freund der palästinensischen Sache, wagte es aber, Arafat als korrupt zu bezeichnen, wofür er umgehend zur Persona non grata in den Palästinensergebieten erklärt wurde.

Schließlich können einzig in den UN und auf Treffen mit den Europäern jene arabischen Staaten noch auftrumpfen, die ansonsten in einem Ausmaß bankrott sind, dass selbst die Hizbollah von ihrem »spirituellen Führer« Mohammed Fadlallah erklären ließ: »Die gescheiterten arabischen Regimes überleben größtenteils dank des ewigen Verweises auf den israelisch-palästinensischen Konflikt.«

Dies scheint man wenigstens im Irak verstanden zu haben. Kürzlich gab der Leiter der neuen Passbehörde bekannt, der Hinweis, irakische Pässe hätten für alle Länder außer Israel Gültigkeit, werde ersatzlos gestrichen.