Think positive

In Nigeria floriert der Absatz von T-Shirts mit dem Bild Ussama bin Ladens. Doch die Mehrheit gibt Bush den Vorzug vor Kerry. von alex veit
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Dass Nigerianer eher das Positive sehen, weiß man seit einer Umfage im vergangenen Jahr, die ergab, dass in dem westafrikanischen Land die glücklichste Bevölkerung der Welt lebt. Trotz allgegenwärtiger Armut und Unruhen, die nach einigen Definitionen als Bürgerkrieg gelten können, sieht sich das Land als Weltmeister im Wohlfühlen. Ebenfalls einen Spitzenplatz belegt Nigeria in einer weiteren Disziplin: Wie Transparency International herausgefunden haben will, ist das Land das drittkorrupteste der Welt.

Die meisten Nigerianer bezweifeln das nicht, ihr Präsident Olusegun Obasanjo dagegen betrachtet sich als erfolgreichen Bekämpfer der Korruption und auch als Demokraten. Doch 85 Prozent der Nigerianer finden, dass ihr Land nicht nach dem Willen der Bevölkerung regiert wird. Was an unorthodoxen Auszählungsmethoden liegen mag, die dem Präsidenten bei den letzten Wahlen in einigen Gegenden eine Mehrheit von über 90 Prozent beschert haben.

Den Hang zu unorthodoxen Stimmenzählungen wiederum kreiden sie einem anderen Präsidenten nicht an. Eine im September veröffentlichte Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Globescan ergab, dass 33 Prozent der Nigerianer für George W. Bush votieren würden, gerade mal 27 Prozent hingegen wollten John Kerry wählen.

Das Ergebnis mag überraschend klingen, bedenkt man die gut besuchten Partys am Abend des 11. September 2001 und den seither florierenden Absatz von T-Shirts und Postern mit dem Foto des gütig lächelnden Ussama bin Laden im überwiegend muslimischen Norden des Landes. Aber vielleicht sehen auch die Islamisten an Bush das Positive und mögen ihn genauso wie bin Laden, möglicherweise weil beide Religion und Politik nicht immer klar trennen.

Ohnehin bestehen, wie die pakistanische Daily Times anlässlich von Bushs Besuch in Nigeria im vergangenen Jahr feststellte, »starke kulturelle Verbindungen zwischen den beiden Ländern«. Die USA zahlen dem Land Militärhilfe und importieren fast drei Viertel des nigerianischen Öls. Im Ölsektor gibt es möglicherweise eine besondere Bindung an die Regierung Bush. Mit 180 Millionen US-Dollar soll Halliburton eine frühere nigerianische Regierung bestochen haben. Der Konzern wurde damals vom derzeitigen Vizepräsidenten Dick Cheney geführt. Doch 52 Prozent der an Korruption gewöhnten Nigerianer vertrauen einer anderen Umfrage zufolge den in ihrem Land operierenden ausländischen Firmen.

Aber vielleicht sind solche Erwägungen irrelevant und die Nigerianer finden Bush einfach nur gut, weil er ihnen auf charmante Art bereits zu schmeicheln wusste, bevor er überhaupt Präsident war. Während eines Fernsehduells im Wahlkampf vor vier Jahren bemerkte er, dass »Nigeria ein sehr wichtiger Kontinent« sei.