Trau dem Jedi nicht!

Das war’s. Schluss, aus, vorbei. Die Doppel-Trilogie »Star Wars« findet endlich ein Ende, ein einigermaßen würdiges. von andreas hartmann

In der hübschen DDR-Nostalgie- und Hartz-IV-Komödie »Netto«, die gerade in den Kinos zu sehen ist, möchte ein 15jähriger seiner Freundin langsam näher kommen. Sie kennt »Star Wars« nicht, er schon. Deshalb erklärt er ihr, worum es in »Star Wars« überhaupt geht, und vor allem, wie das so läuft mit den »Episoden I-III«, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, also reichlich nach der eigentlichen »Star Wars«-Trilogie, die aber dennoch chronologisch vor dieser ansetzen. Seine Freundin kapiert nichts.

Später sitzen die beiden wieder zusammen. Allein, auf dem Dachboden, niemand da, idealer geht’s nicht. Sie nimmt seine Hand, und was macht der Typ? Anstatt endlich das einzig Richtige zu tun, fängt er schon wieder mit »Star Wars« an, womit die Sache zwischen den beiden erstmal gegessen wäre.

Dieser Running-Gag rund um »Star Wars« illustriert ganz gut, wie sehr die Doppel-Trilogie von George Lucas nur noch über Ein- und Ausschluss funktioniert. Entweder man blickt bei »Star Wars« durch und weiß, dass Yoda ein Weiser ist, in komischer Sprache spricht, oder man hält »Star Wars« eben für die Weltraum-Serie, in der man sich auf das Beamen versteht. Natürlich war das von Anfang an so, »Star Wars« war eine eigene Philosophie, ein eigener Kult, und darin liegt zum Großteil ja auch der Erfolg der Saga begründet. Doch mit der seltsamen Doppel-Trilogie, die nun ihren Abschluss findet, wurde aus dem völlig simplen Plot, wie er ursprünglich angelegt war – in der Kurzform: Gut gegen Böse –, eine unerträglich pseudokomplexe Angelegenheit, bei deren Entschlüsselung inzwischen sogar eingeschworene Jedi-Kenner ins Schwitzen kommen.

Vielleicht wollte George Lucas mit seinem Drang, Verwirrung zu stiften, sich einfach von seinem simplen Schwarz-Weiß-Muster verabschieden, weil er es nicht mehr vertreten kann. »Star Wars« ist ja nicht nur irgendein Science-Fiction-Märchen, sondern war von Anfang an geerdet. Als Lucas seine Saga in den Siebzigern ins Leben rief, stand er als Hollywood-Hippie unter dem Eindruck des Vietnam-Krieg und es war klar, dass die Jedi-Ritter als die Rebellen des Guten für die vietnamesische Armee standen, während die imperialen Streitkräfte die US-Armee verkörperten.

Nun, am Ende der Saga, die mit »Episode III: Die Rache der Sith« ihren endgültigen Abschluss findet, sind jedoch nur noch Reste einer ehemals eindeutigen Aufteilung der Welt übrig. Alles ist viel komplizierter: Die Guten können sich auch als die Bösen erweisen, überall lauern Verräter, man weiß wirklich nicht mehr, woran man ist. Das Schlimmste aber ist: Wer Gutes tun will, kann damit auch Schlechtes bewirken.

Das alles erinnert stark an die aktuelle Islamismusproblematik, den Irak-Krieg und die neue Rolle der USA. Wie wär’s denn damit: Die dunkle Seite der Macht ist der Islamismus; der Imperator und Oberbefehlshaber der dunklen Seite steht für Osama Bin Laden. Außerdem erinnern Obi-Wan Kenobis Bemühungen, Anakin Skywalker auszubilden, was dieser mit Feindschaft dankt, frappant an die Dummheiten der USA im Umgang mit Osama Bin Laden, als dieser noch die Rolle des der USA nützlichen Idioten einzunehmen hatte.

Im Grunde ergeben die »Episoden I-III« zusammengenommen nichts anderes als ein Biopic. Es wird die Lebensgeschichte von Darth Vader erzählt, seit den Siebzigern eine mythologisch-historische Gestalt, die dem ultimativ Bösen verfallen ist, und die jeder kennt. Wie bei Biopics üblich, interessiert weniger, was erzählt wird, sondern wie. Biopics haben keinen offenen Schluss, man weiß, wie sie enden. Und so wusste man schon vor Beginn der »Episode I«, dass Anakin Skywalker noch so sehr mit sich und den Verführungen der Macht ringen kann, sein Schicksal ist besiegelt: Er wird unwiderruflich zu Darth Vader, dem asthmatischen Weltraumzorro mit der Blechmaske.

Lucas hätte in »Episode III« also eigentlich völlig entspannt und schnörkellos erzählen und den Dingen ihren Lauf lassen können, weiß man doch eh, dass Anakin am Ende den schwarzen Helm aufgesetzt bekommt. Doch nichts da. Obi-Wan Kenobi muss General Grievous fassen, um ihn vor Gericht zu stellen. Denn dieser ist der Anführer einer separatistischen Doridenarmee. Gleichzeitig aber ist Kanzler Palpatine auf dem Planeten Coruscant mit üblen Spielchen beschäftigt. Er baut langsam sein Imperium des Bösen auf und erklärt Anakin Skywalker zu seinem Schützling. Und so weiter und so fort. Lucas kann es nicht lassen, er muss wirres Zeug erzählen. Dabei hat der krude Plot, den er sich für die »Episode III« ausgedacht hat, eine ähnliche Aufgabe wie das Rahmensetting eines eigentlich banalen Computerspiels: Er dient bloß der Legitimation, andauernd Kampf- und Actionszenen aneinanderzureihen, die kaum Sinn haben, aber Sinn haben sollen. Dabei möchte man es als williger »Star Wars«-Anhänger manchmal lieber gar nicht so genau wissen. Wenn es kracht und rumpelt und das Kino, samt seinen technischen Möglichkeiten, dank der Höchstleistungen der Special Effects, seiner wahren Bestimmung als Überwältigungsapparat zugeführt wird, ist man schon glücklich.

Nur Weltraumgeballer geht aber leider auch nicht, das weiß Lucas, und das wissen wir. Deshalb gibt es ja den altbewährten »Star Wars«-Rhythmus, und der ist total simpel: auf und ab, laut und leise, Action und Ruhe. In »Star Wars« war es schon immer so, dass man während der endlosen Kampfszenen hofft, endlich wieder eine ruhigere Szene vorgesetzt zu bekommen, weil die Synapsen langsam ermüden. Doch kaum wird ausgiebigst gequatscht, wünscht man sich sehnlichst ein paar gegnerische Raumschiffe herbei, die einen von dem Geplänkel erlösen. Entspannung folgt immer wieder auf Erregung, so geht es immer weiter, wie auf einer Platte der Rockband Mogwai: Gitarrenwand aufbauen, danach Kontemplation und Ruhe und erneut Sturm entfachen. Wie bei Mogwai hat dieses Prinzip auch in »Star Wars« seinen Reiz, ist auf die Dauer aber durchsichtig und ermüdend.

Dennoch ist »Die Rache der Sith« wahrscheinlich der beste Teil der drei jüngeren Episoden. Oder, besser gesagt: der am wenigsten schlechte. Denn Lucas belässt es weitgehend dabei, sich im erwähnten Stop-and-Go-Rhythmus zu ergehen. Völlig Unnötiges lässt er weg. Auf immer wieder neues Weltraumgetier, das in den letzten beiden Episoden so ungemein genervt hat, wurde alles in allem verzichtet und dafür muss man George Lucas wirklich dankbar sein.