Städte unter Schock

Mit Zwangsräumungen und Massenverhaftungen geht die Regierung Zimbabwes gegen die verarmte städtische Bevölkerung vor. Ein Streikaufruf der Opposition wurde kaum befolgt. von alex veit
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Trotz der Zerstörung von Wohngebieten und Massenverhaftungen durch die Sicherheitskräfte ist ein Generalstreik in Zimbabwe Ende vergangener Woche gescheitert. Der Ausstand, zu dem ein Oppositionsbündnis aufgerufen hatte, wurde kaum befolgt. Da in Geschäften und Fabriken normal gearbeitet wurde, gestand der Gewerkschaftsverband ein, dass es nur eine »minimale Resonanz« unter der Bevölkerung gegeben habe. Zimbabwes Städte scheinen in einen Schock verfallen zu sein, seit am 19. Mai die »Operation Murambatsvina« begonnen hat.

»Der gegenwärtige Zustand, in dem kleine und mittlere Unternehmen sich außerhalb des Regelwerks und in nicht für ihre Aktivitäten ausgewiesenen und von Kriminalität geplagten Gegenden betätigen, konnte nicht mehr hingenommen werden«, begründete Präsident Robert Mugabe diese »Operation zur Wiederherstellung der Ordnung«. Schätzungen zufolge wurden mehr als 30 000 informelle Händler festgenommen und die Häuser von 200 000 Menschen zerstört. Nun schlafen viele der neuerdings Obdachlosen trotz der kalten Winternächte auf den Straßen, andere haben sich auf den Weg zu Verwandten auf dem Land gemacht.

Die Vertreibung der verarmten städtischen Bevölkerung auf das Land, wo die Organisation von Widerstand wesentlich schwieriger ist, war möglicherweise das Motiv der Regierung. Denn die Bevölkerung der Städte hat trotz repressiver Maßnahmen bei den Parlamentswahlen Ende März mehrheitlich für die Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) gestimmt. Doch dass die Menschen dauerhaft in den ländlichen Gebieten bleiben werden, kann das autoritäre Regime nicht erwarten. Die materiellen Lebensbedingungen sind dort noch schlechter als in den Städten.

Berichte über die Beschlagnahme von Waren und privatem Eigentum sprechen allerdings auch dafür, dass viele Polizisten die Situation zur privaten Bereicherung genutzt haben. Und die meisten Verhafteten werden darauf angewiesen sein, dass Verwandte oder Bekannte sie »freikaufen«. Solche Aktionen sind aus vielen afrikanischen Staaten bekannt, doch das Ausmaß der Repression in Zimbabwe ist außergewöhnlich.

Womöglich wollte die Regierung auch sozialen Aufständen zuvorkommen, denn Zimbabwe erlebt die schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Durch die Landreform ist die Exportproduktion der Landwirtschaft zusammengebrochen. Nun fehlt es an Geld, um Treibstoff einzukaufen. Den neuen Kleinbauern hingegen fehlt es an den Mitteln, genügend Nahrungsmittel zu produzieren, weshalb große Teile der Bevölkerung auf internationale Nothilfe angewiesen sind.

In dieser Situation wollten die wenigen regulären Industriearbeiter und Geschäftsleute, denen mit dem Entzug ihrer Lizenz gedroht wurde, ihren Lebensunterhalt nicht riskieren. Nach dem Scheitern des Streiks fehlt es der Opposition an wirkungsvollen Widerstandsstrategien. »Die Anführer müssen zeigen, dass sie nicht entmutigt sind«, erklärte Lovemore Madhuku, Vorsitzender der tonangebenden Oppositionsgruppe National Constitutional Assembly. »Wir könnten die Regierung mehr und mehr in die Enge treiben, so dass sie auf Menschen schießt und sich vor der Welt entblößt.«

Vielleicht hat er für solche Phantasien nun den richtigen Partner gefunden. Der in Ungnade gefallene Anführer des Kriegsveteranenverbands, Jabulani Sibanda, der die gewalttätigen Fußtruppen für Mugabes Landreform stellte, drohte der Regierung inzwischen mit Gegenwehr, sollten die Vertreibungen auf ländliche Gebiete ausgedehnt werden. »Menschen sind wie eine Sprungfeder: Wenn man sie unterdrückt, kommen sie zusammen und werden gefährlich. Sie mögen sich nicht heute erheben, doch erheben werden sie sich.«