»Gelenkig wie Heuschrecken«

In einer Erfurter Ausstellung über das Tierleben in Afrika werden auch so genannte Buschmänner gezeigt. von martin kröger

Das war voll cool!« freut sich die kleine Marie H. Morgner. »Ich hoffe, dass die jungen Tiere nicht echt waren«, bangt die junge Teresa Raschke.

Das Gästebuch der Ausstellung unter dem Titel »African Wildlife – Afrikas Tierleben«, die bis zum 14. August auf der Erfurter Gartenausstellung (Ega) gezeigt wird, ist voll von solchen Lobpreisungen. Die Ausstellung, deren Mittelpunkt »der nahezu unerschöpfliche Artenreichtum der afrikanischen Tierwelt ist«, möchte einen »Kontinent der Magie und Faszination« und die Vielfalt der Landschaften vorstellen, wie es auf der Homepage der Gartenausstellung heißt.

»Wir haben mit dieser Ausstellung gute Ergebnisse erzielt«, sagt Gerhard Görnhardt, der Marketingbeauftragte der Ega. Damit die Schau zu einem solchen Erfolg werden konnte, wurde jede Schule in der Umgebung der thüringischen Landeshauptstadt angeschrieben. Das wissenschaftliche Niveau sei zwar nicht besonders hoch, »aber was die anatomischen, landschaftlichen und historischen Aspekte angeht, muss das natürlich stimmen«, erklärt Görnhardt. »Wir müssen das einfach halten, damit die Kinder das verstehen.«

Eine Führung durch die Massen von ausgestopften Tieren, die wahllos in drei Hallen ausgestellt sind, gibt es nicht. Erläuterungen bekommen die Schüler nur von Schautafeln. Neben Springböcken, Löwen und Hyänen werden in der Ausstellung auch Menschen vorgestellt. In einer Ecke ist eine Strohhütte aufgebaut, vor, hinter und neben ihr stehen kleine Gipsfiguren, die mit Pfeil und Bogen bewaffnet sind, ihren Blick sehnsüchtig in die Ferne schweifen lassen oder Wasserbehälter tragen. »Buschleute, die letzten Naturvölker unserer Erde«, die »als hervorragende Jäger einen außergewöhnlichen Orientierungssinn haben«, ist dort zu lesen.

Wem dies zur Erläuterung noch nicht reicht, der findet auf der nächsten Tafel weitere Informationen: »Buschleute unterscheiden sich deutlich von anderen südafrikanischen Rassen. Sie sind klein, leicht, muskulös und sehnig. Weitere typische Merkmale sind der goldene Farbton der Haut, die hohen Backenknochen und die schräg stehenden Augen.« Nebenan steht in einem Glaskasten »das Hab und Gut des Buschmannes«, überwiegend Speerspitzen und Pfeile. Umrahmt wird dieser die Menschen betreffende Teil der Präsentation durch eine historische Einordnung und einige Fakten zur Landesgeschichte Namibias, dem Land, um das sich die »Afrika-Ausstellung« hauptsächlich dreht.

Unter der Jahreszahl 1884 erfahren die Grundschulschüler: »Das Deutsche Reich stellt Südwestafrika unter sein Schutzgebiet und beginnt mit der Verteilung von Farmland.« Was geschah in den Jahren 1903 bis 1906? »Großer Aufstand der Nama und Herero gegen die Schutztruppe. Niederschlagung mit großen Verlusten, besonders bei der großen Schlacht am Watersberg (10. bis 12. August 1904).« Kein Wort wird über den Völkermord der deutschen Kolonialstreitkräfte an den Herero und Nama und die Internierung der Reste dieser Gesellschaften in Lagern verloren. Stattdessen kritisiert der Ausstellungsmacher, Dieter Luksch aus München, Tierrechtsgruppen und lässt ein Loblied auf die Großwildjagd erklingen. Er leitet ein Unternehmen für Museumgestaltung, Lehrmittelherstellung und Sonderausstellungen.

Den Vorwurf, dass seine Ausstellung in der Tradition der nationalsozialistischen Völkerschauen stehe, weist er zurück. »Ich bin nicht einmal so weit gegangen zu sagen, wie primitiv und einfach dieses uralte Jagdvolk lebt« und dass »sie gelenkig wie Heuschrecken sind«, sagt er der Jungle World. »Außerdem beruht alles auf der gängigen Fachliteratur«, behauptet Luksch, der plant, »African Wildlife« an vielen weiteren Orten zu präsentieren.