Ein eigenes Telefon, hurra!

Praktikant muss man auch sein wollen von anton landgraf

Der Job verlangt vollen Einsatz. Wer ihn bekommen will, muss »flexibel«, »belastbar«, kreativ und immer freundlich sein. Als Belohnung gibt es nette Worte, Schulterklopfen und manchmal auch ein wenig Taschengeld.

Was sich anhört wie ein Bericht der Caritas über Kinderarbeit in fernen, armen Ländern, ist hierzulande längst Alltag für viele erwachsene, oft gut ausgebildete junge Leute. Das Praktikum ist ein fixer Teil ihres Lebenslaufs, der nur auf ein Ziel ausgerichtet ist: eine feste Stelle, womöglich sogar mit Sozialversicherung, oder doch zumindest mit einem guten Honorar.

Diese Vorstellung begleitet viele gleich einer Fata Morgana durch die unzähligen Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgespräche, die immer wieder zum selben Ende führen. Eine kurze Periode mit dem Gefühl, dabei zu sein, die Hoffnung, vielleicht doch, mit etwas Glück, den Sprung zu schaffen. Endlich eine eigene Telefondurchwahl, Namensschild an der Tür und am Monatsende den Gehaltsauszug. Doch stattdessen geht nach ein paar Wochen wieder alles von vorne los.

Früher galten Praktika als Einstieg, als Test, ob die Firma, die Arbeit und die Kollegen auch wirklich passen, bevor es ernst wird. Aus dem Übergang ist eine Dauereinrichtung geworden. Nichts hält heute länger als ein Provisorium. Und je mehr Arbeitslose es gibt, desto öfter wird die Zeit zwischen Ausbildung und Beruf mit Praktika überbrückt. Floundering period nennen Sozialwissenschaftler diese Zeit, in der man zappelt wie eine Flunder.

Dass dieser »Übergang« immer länger andauert, liegt jedoch nicht nur an den schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. In den meisten Branchen ist die »Generation Praktikum« längst eine feste Größe – und sie hilft damit, die Zahl der Planstellen klein zu halten. Warum teure, anspruchsvolle Mitarbeiter einstellen, wenn es auch anders geht?

Damit haben die Praktikanten aber auch mehr Macht, als sie selber glauben. Denn wenn sie sich weigern würden, für die miserablen Konditionen morgens um sieben aus dem Bett zu steigen, dann bekämen vermutlich viele Unternehmen große Schwierigkeiten, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Immerhin gibt es in Frankreich die ersten Aufrufe der »Generation Précaire« für einen Praktikantenstreik.

Dass dies nicht so schnell geschehen wird, liegt an einer bemerkenswerten Eigenschaft vieler Flundermenschen. Je schlechter die Bedingungen sind, desto mehr bewerben sie sich um Praktika. Anstatt in den Semesterferien nach Indien zu fahren, sammeln sie lieber in einem Büro in Hannover »praktische Erfahrungen«. In der spärlichen Freizeit tauschen sie mit ihren Leidensgenossen Tipps und Adressen für neue Bewerbungen aus, lesen Ratgeber, kaufen sich passende Kleidung.

Aus lauter Sorge, keine Stelle zu bekommen, sind sie bereit, immer und überall zu arbeiten, zu allen Konditionen und zu jeder Zeit. Es gab wohl noch nie eine Generation, die so karrierebewusst dachte und doch so erfolglos dabei bleibt.