Landung ohne Licht

Die Asien-Reise Präsident Bushs von jörn schulz

»Ich werde mich nicht von Terroristen und Mördern abhalten lassen«, sagte US-Präsident George W. Bush, nachdem am Tag vor seiner Ankunft in Pakistan bei einem Autobombenanschlag in Karachi vier Menschen, unter ihnen ein US-Diplomat, getötet worden waren. Er kam dann auch, doch vorsichtshalber landete seine Air Force One Freitagnacht ohne Positionslichter und mit abgedunkelten Kabinenfenstern auf einem Militärflughafen nahe der Hauptstadt Islamabad. Offenbar fürchtete man, Islamisten könnten eine der in den achtziger Jahren an afghanische Mujahedin gelieferten Stinger-Luftabwehrraketen für einen besonderen Anlass aufgehoben haben.

Für den Freitag hatte ein Bündnis aus islamistischen Organisationen, Geistlichen und bürgerlichen Oppositionsparteien zu einem Generalstreik aufgerufen, an dem sich nach Angaben der Tageszeitung Dawn in den größten Städten viele Menschen beteiligten. Durch die offensichtliche Bevorzugung Indiens hat der US-Präsident auch die pakistanischen Nationalisten gegen sich aufgebracht. In New Delhi, das er vor Islamabad besucht hatte, unterzeichnete er einen Nuklearvertrag, der Indien die Lieferung US-amerikanischer Atomtechnologie zusichert. Das Abkommen gilt als wichtiger Bestandteil einer beginnenden »strategischen Partnerschaft«, mit der die US-Regierung den Einfluss Chinas in Asien eindämmen will.

Das Abkommen mit Indien verstößt gegen mehrere US-Gesetze, auch seine Vereinbarkeit mit dem Atomwaffensperrvertrag ist umstritten. Es ist fraglich, ob Bush es dem Kongress schmackhaft machen kann. Ein vergleichbares Abkommen mit Pakistan, das, anders als Indien, seine militärische Atomtechnologie unter anderem an Nordkorea, Iran und Libyen weiterverkauft hat, wäre chancenlos. So hatte Bush nur die Wahl, auf die Verbesserung der Beziehungen zu Indien zu verzichten oder die innenpolitische Position des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharrafs weiter zu schwächen.

Auch die Führungsschichten der islamistischen und nationalistischen Oppositionsparteien sind Teil des oligarchischen Herrschaftssystems. Als sie selbst an der Regierung beteiligt waren, zierten sie sich nicht bei der Entgegennahme von Geld und Waffen aus den USA. Derzeit aber ist der Antiamerikanismus für sie das beste Mittel, gegen Musharraf zu agitieren, ohne über die grundlegenden Probleme des Landes wie die Macht halbfeudaler Großgrundbesitzer, den Militarismus oder den erbärmlichen Zustand des Bildungssystems sprechen zu müssen.

Ohne das Bündnis mit den USA würden die Pakistanis nicht besser leben, die von Mu­shar­raf versprochenen ökonomischen Vorteile hat es ihnen jedoch nicht gebracht. Auch das Scheitern der außenpolitischen Pläne, Afghanistan zu dominieren und ein strategisches Gleichgewicht mit Indien zu erreichen, ist weniger auf die US-Politik als auf die Tatsache zurückzuführen, dass der pakistanischen Oli­gar­chie schlicht die materiellen Ressourcen für ihre ehrgeizigen Pläne fehlen.

Allerdings hat die US-Politik, die in den achtziger Jahren das islamistische Militärregime Zia ul-Haqs hofierte, in den neunziger Jahren den Aufbau der Taliban-Bewegung durch den pakistanischen Geheimdienst diplomatisch deckte und derzeit die autoritäre Herrschaft Musharrafs stützt, zur Destabilisierung beigetragen. Letztlich geht es der US-Regierung nun vor allem darum, einen Zerfall des Landes zu verhindern und sicherzustellen, dass ein halbwegs akzeptabler Staatschef die Atomstreitmacht kommandiert. Musharraf fällt es jedoch immer schwerer, die Kontrolle zu behalten.