»Wir haben andere Soßen!«

Döner ist out, Sushi ist in. Interview mit kalman aktas, dem Geschäftsführer der grell dekorierten Restaurants »Mirchi« und »Amrit«, die identisch in Mitte und Kreuzberg stehen.

Zum Asiaten geht man nicht mehr, um mit Glutamat angereicherte, vor Öl nur so triefende China-Pfanne zu essen. Heutzutage wird Nigri-Sushi mit Hotatigai, also roher Fisch mit rohem Gemüse, an einer schlichten Bar im Stehen verzehrt – und das nicht nur in Mitte. Auch an Kreuzbergs Flaniermeile, der Oranienstraße, reiht sich mittlerweile ein asiatisches Restaurant ans andere, während man für einen Döner beinahe nach Neukölln reisen muss. Nachdem früher viele Dönerbuden in »Italiener« mit anatolischen Pizzabäckern verwandelt wurden, haben die ersten türkischen Gastronomen den italienischen durch den malaiischen Akzent ersetzt und Buddha-Statuen, Schirmchen und Fähnchen aufgestellt, umrahmt, je nach Jahreszeit, von Stechpalmen oder Heizpilzen.

Das Mirchi wirbt mit »Asia-Crossover-Kitchen. Singapore-Style Restaurant«. Ist mit »Crossover« die Mischung aus Döner und Sushi gemeint?

Nein, leider nicht. Es gab diese Idee zwar tatsächlich, aber erst mal gucken wir, wie es Singapore-stylemäßig läuft. Unsere Besonderheit sind die Soßen! Die sind nicht so dickflüssig, sondern leichter. Das ist unsere eigene Idee. Unsere Küche hat es geschafft, dass Mango nach Mango schmeckt und grüner Pfeffer nach grünem Pfeffer. Das ist einzigartig!

Bei Ihnen stehen trotz steigender Heizkosten im Winter jede Menge Heizpilze herum und alle Türen offen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Im Prinzip kann jeder hier reinkommen. Wir brauchen keine Fernseher zur WM aufstellen, die Leute kommen auch so. Der Standort ist einfach ideal. Und wir haben supergut geschmückt. Religion und Kultur aus Indien und Singapur, Schirme, Buddhas, Fahnen. Asia-Style eben! Und wissen Sie, unsere Soßen sind sehr beliebt. Wir sind so erfolgreich, dass gegenüber schon eine schlechte Kopie eröffnet hat.

Wer sind Ihre Gäste?

90 Prozent unserer Besucher sind Stammgäste, die von überallher kommen. Die Chefs von Universal und der amerikanische Botschafter waren schon hier. Oh, darf ich das überhaupt sagen? In Kreuzberg muss man immer was anderes fürs Auge bieten. Wir haben so toll geschmückt! Das mögen die Leute. Die Buddhas, die Farben, die Lichter und die Toiletten sind einmalig in Berlin, wir haben viel investiert, vor allem die Thai-Frau und der Koch aus Malaysia!

Kommen auch die Nachbarn?

Wir haben kein Problem mit den Nachbarn. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir wollen eine höhere Ebene mit europäisch gehobenen Leuten erreichen. Und das haben wir auch schon geschafft.

Wissen Sie, warum der Vorgänger des Mirchi, das »Kafka«, auch ein Restaurant mit gehobener Kundschaft und einem türkischen Geschäftsführer, geschlossen hat?

Keine Ahnung, wir wissen nur, dass er jetzt irgendwo eine Trattoria hat.

Nicht gerade ein viel versprechendes Ende?

Nein, aber wir haben ja ein ganz anderes Konzept.

Andere Soßen?

Genau! Aber außerdem sind wir für jeden offen. So haben wir zum Beispiel am 1. Mai den Laden nicht zugesperrt und uns auch nicht verbarrikadiert. Wir haben den Garten mit einem Zelt überdacht und so konnte jeder bei uns das Spektakel draußen beobachten. Wir haben bis 21 Uhr jeden reingelassen, natürlich mit Vorkontrolle. Das war ein echtes Erlebnis für unsere Gäste!

Auf der Oranienstraße bekommt man keinen Döner mehr. Ist der Döner Geschichte?

Ja, das ist sehr schade. Dabei war es doch das Einzige, was die Türken konnten! Aber sie haben sich gegenseitig kaputtgemacht. Wie gesagt, vor ein paar Jahren wollte ich mal einen gehobenen Dönerladen machen, mit vielen Delikatessen und mit anderen Soßen.

interview: doris akrap