Bis zur nächsten Krise

Es hat sieben Monate gedauert, nun hat Tschechien wieder eine Regierung. Die Mitte-Rechts-Koalition verfügt jedoch über eine sehr knappe Mehrheit. von daniela honigmann

Als dem tschechischen Premierminister Mirek Topolanek bereits das politische Ende drohte, konnte er sich schließlich doch an der Regierung halten. Am Freitag hat ihm eine knappe Mehrheit im Abgeordnetenhaus das Vertrauen aus­gesprochen und damit, mehr als sieben Monate nach der Parlamentswahl, die Regierungs­bildung beendet.

Es war bereits Topolaneks zweiter Versuch, die Pattsituation zu überwinden. Noch im Oktober hatten die Abgeordneten der Sozialdemokraten und der Kommunisten den Rechten von Topolaneks Partei, der konservativen ODS, den Christdemokraten sowie den Grünen ihre Unterstützung verweigert. Am Dienstag der vergangenen Woche kündigten zwei sozialdemokratische Mitglieder an, den Saal bei der Abstimmung zu verlassen und so der neuen Regierung den Weg zu ebnen. Topolanek setzte sich letzt­lich mit knapper Mehrheit durch.

Nun scheinen die Kämpfe der letzten Monate beigelegt. Besonders geschadet hat das ganze Debakel der politischen Elite nicht. Der Chef der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek, hatte sich bis zuletzt hartnäckig als mög­licher neuer Premierminister im Spiel gehal­ten und in den langwierigen Koalitionsverhandlungen kaum nachgegeben. Aber gerade als Oppositionsführer kann er nun weiter die Regierung als »volksfeindlich« bezeichnen.

Topolanek hatte mit Opponenten in der eigenen Fraktion und personalpolitischen Querelen im gerade neu gebildeten Kabinett zu kämpfen. Damit ist der Premierminister schwach, aber standhaft und wird jetzt wohl länger im Amt bleiben als gedacht. Denn hätte die Hauptaufgabe seiner ersten, gescheiterten Regierung noch die Vorbereitung vorgezogener Neuwahlen sein sollen, sieht er diese Option nun nur noch für den Fall eines Scheiterns seiner Reformpolitik vor.

Das sieht Präsident Vaclav Klaus anders. Topolanek war nie sein Wunschkandidat. Klaus hat wie kein anderer seiner Vorgänger versucht, Einfluss zu nehmen und über dem Kleinkrieg zwischen den Kontrahenten Topolanek und Paroubek als besonnener Dritter zu stehen. Seiner vermittelnden Rolle wur­de in der Zeit vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am 28. De­zember, als wöchentlich über neue Varianten diskutiert wurde, eine größere Bedeutung zugemessen. Was dazu führte, dass er sich nach Vertragsabschluss seiner Pflicht, das Kabinett zu verei­digen, zwei Wochen lang entzog. Ihm gefallen einige Gesichter in der Regierung nicht, namentlich der von den Grünen beauftragte Außenminister Karl Schwarzenberg. Bevor Klaus letztlich widerwillig die Ernennungs­urkunden überreichte, bedauerte er noch, dass es in Tschechien kein präsidiales System gebe und der Präsident die Regierung nicht »diktieren« dürfe.

Mit seiner Einflussnahme hat Klaus neue Standards für das Präsidentenamt gesetzt, auf die er selbst mit Sicherheit wieder in einer von ihm erhofften zweiten Amtszeit, zu der ihm die ODS im kommen­den Jahr verhelfen soll, zurückgreifen will.

Eine Linke, die sich an dieser Entwicklung stören würde, tritt nicht in Erscheinung. Keine der hiesigen Initiativen hat die skurrile Situation zur grund­sätzlichen Kritik am etablierten politischen System genutzt. Auch an einer gewissen Erstarkung der parlamentarischen Rechten scheint sich niemand zu stören, beispielsweise gab es keinerlei Stellungnahmen zur Ernennung Jiri Cuneks zum Minister für Regionalentwicklung. Dafür hat er sich wohl als Bürgermeister des mährischen Vsetin qualifiziert, als er im vergangenen Jahr zahlreiche Roma-Familien wegen Mietrückständen aus ihren Wohnungen vertrieb und sie in Containersiedlungen am Stadtrand einquartierte.