Mein Täter, der Ausländer

Innenministerkonferenz in Berlin von ron steinke

­Vor lauter G8-Brimborium konnten die Minister fast ungestört arbeiten. Die Journalisten bekamen bereits zu Beginn der Innenministerkonferenz, die in der vergangenen Woche in Berlin stattfand, ein paar kernige Zitate geliefert, mit denen die sozialdemokratischen Innenminister von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein deutlich machten, dass die Sicherheitsvorkehrungen zum G8-Gipfel unter ihrer Regie zwar nicht weniger streng ausgefallen wären, man aber zumindest die Amerikaner dafür verantwortlich gemacht hätte. Die »Vorgaben« der US-Sicherheitsbehörden, meinte der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD), hätten seinen Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern »zum Teil gefesselt«. Dass die Innenminister anschließend unter anderem über Verschärfungen des Asylrechts und Abschiebungen in den Irak berieten, nahm dann kaum noch jemand wahr.

Nachdem auf der vorigen Innenministerkonferenz im November die als großzügig dargestellten Beschlüsse zum Bleiberecht verkündet worden waren, wandte sich die Runde diesmal den übrigen Änderungen des Ausländerrechts zu. Das Gesetz soll Mitte Juni den Bundestag passieren. Danach kann eine Abschiebehaft bereits dann verhängt werden, wenn nur der Verdacht besteht, dass ein anderer EU-Staat für einen Flüchtling zuständig ist. Die Praxis der Behörden, Abschiebungen von langjährig Geduldeten ohne Ankündigung zu vollstrecken, soll zum Regelfall erhoben werden.

Einem von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl geforderten Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Irak, von denen im vergangenen Jahr in Deutschland nur knapp zehn Prozent als Asylbewerber anerkannt wurden, erteilten die Innenminister eine Absage. Neben »Straftätern«, denen häufig nur Verstöße gegen das Ausländerrecht vorgeworfen werden, sollen künftig auch so genannte Gefährder, also Personen, denen nichts Konkretes vorgeworfen werden kann, in den Nordirak abgeschoben werden.

Über einen Vorschlag des noch amtierenden Bremer Innensenators Thomas Röwekamp (CDU) soll in einer Arbeitsgruppe diskutiert werden: Danach soll die Polizei künftig neben der Staatsangehörigkeit auch den Migrationshintergrund von Tatverdächtigen erfassen. Zur Begründung führte Röwekamp an, der aktuelle Sicherheitsbericht der Bundesregierung habe einen Zusammenhang zwischen »Kriminalität und Migrationshintergrund« festgestellt.

Wer in dem Bericht das Kapitel »Zuwanderer als Täter und Opfer« aufschlägt, sucht eine solche Behauptung aber vergeblich. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass der hohe Anteil von Migranten an der registrierten Kriminalität vor allem dadurch zu erklären sei, dass sich soziale Probleme wie etwa Armut bei diesen besonders stark bemerkbar machten. Eine höhere Zahl von Gewaltdelikten hänge auch bei deutschen Staatsbürgern »mit der Schicht und der Lebenslage« zusammen. Aber so genau wollte es niemand wissen.

Die Aufnahme des Migrationshintergrundes in die Kriminalstatistik würde dafür sorgen, dass die vermeintlich Fremden in Zukunft einen noch höheren Anteil ausmachen. Auf diese Weise wäre gleich vorgesorgt für das nächste Mal, wenn man in einer Debatte neue, dramatische Zahlen über das angebliche Phänomen der »Ausländerkriminalität« benötigt.