Flatulierende Kühe als CO2-Sünder

Eine Vielzahl von Online-Rechnern ermöglicht die genaue Berechnung der persönlichen CO2-Bilanz. Wer Fleisch isst, macht sich besonders schuldig – weil Kühe zu viel pupsen. von elke wittich

Rein umwelttechnisch betrachtet wäre es besser, wenn es mich nicht geben würde. Denn bei jedem der zahlreich im Internet angebotenen CO2-Ausstoß-Tests wird klar, dass mein Leben im Grunde aus einer langen Kette von Tätigkeiten besteht, bei denen Unmengen Kohlendioxid freigesetzt werden. Gegen mich liegt unter anderem vor: Duschen, Wäsche waschen, Auto fahren, einen Bildschirmschoner benutzen, im Restaurant essen statt in einer Kantine, wo die Gerichte umweltschonend in Massenproduktion hergestellt werden, und nicht zuletzt: Fleischkonsum.

Selbst der beim Test auf der Internetseite des TV-Wissenschaftsmagazins »Quarks & Co« wahrheitsgemäß angegebene »fleischreduzierte« Ernährungsstil macht keinen Unterschied: Ich esse tote Tiere – und das ergibt »580 kg CO2 pro Jahr«.

Wobei, Haltstopp! Nicht nur, dass Vegetarier jeweils bloß 100 Kilo weniger Kohlendioxid verursachen als jemand, der nur hin und wieder ein bisschen totes Tier isst, nein, der CO2-Rechner erklärt: »Das Fleisch entspricht hier noch einem Anteil von ca. 100 kg CO2-Äquivalentien.« Bleiben 480 Kilo bösartige C-Dinger, die bitte woher kommen?

Antwort des Online-CO2-Beraters: »Bei der Herstellung von Fleisch entsteht nicht nur CO2, sondern auch Methan. Ein Molekül Methan entspricht in seiner Wirkung 20 bis 30 CO2-Molekülen.« Das ergibt also folgende Situation: Kühe essen ist nicht gut fürs Klima. Einerseits. Andererseits sind Kuhpupse viel, viel schlechter für die Atmosphäre, und demnach ist es doch viel besser, die Viecher aufzuessen, als zuzulassen, dass sie mit ihren Gasen die Umwelt verpesten, nicht wahr?

Und ihre zweibeinigen Kumpels, die Hühner, gleich mit. Denn auch Hühner verdauen, und was verdaut, muss pupsen. Das hat damit zu tun, dass bei der Verdauung im Magen-Darmtrakt Gase wie z.B. Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und andere Gär- bzw. Faulgase entstehen, Wikipedia weiß dazu: »Der Großteil der abgehenden Darmgase (Flatus) bei Flatulenzen wird während der Verdauung durch die Bakterien wie Escherichia coli, Bacteroides vulgatus oder Methanobrevibacter smithii erzeugt.« Und diese Gase gehen nicht einfach im Sinne eines spurloses Verschwindens von selber weg, sondern werden zu einem Großteil über die Lunge und den Blutkreislauf ausgeschieden – und der Rest wird zum Pups, der aufsteigt und schlimme Dinge mit der Zukunft unserer Kinder anstellt.

Neben Kühen und Hühnern existiert allerdings noch eine weitere Gruppe der Kategorie »atmend und essbar«, die gemäßigte Fleischkonsumenten sehr schätzen: Fisch. Können Fische pupsen? Sind auch sie gemeingefährliche Umweltschädlinge? Ja. Allerdings nicht ständig. Heringe, so fanden Wissenschaftler vor mehr als vier Jahren heraus, unterhalten sich sogar, indem sie Luft aus ihren Bäuchen lassen, aber die dient lediglich zu Kommunikationszwecken und ist nicht mit Gasen angereichert. Pupsen müssen sie, wie alles, was verdaut, aber trotzdem. Auch, um die Balance nicht zu verlieren, denn ein aufgeblähter Bauch würde zu verstärktem Auftrieb führen. Ihre Flatulenzen, über deren Auswirkungen auf die Umwelt keinerlei Angaben zu finden sind, sind nach Auskunft von Biologen aber in aller Regel nicht so heftig wie die anderer Viecher und sinken, je nach Gasgehalt, häufig mitsamt dem abgesonderten Kot auf den Gewässerboden. Außer sie sind reine Pflanzenfresser, denn bei denen entstehen während des Verdauungsprozesses im Magen-Darmbereich durch Gärung ganz besonders viele Pupse.

Ob das auch für menschliche Vegetarier gilt, ist nicht bekannt. Der CO2-Rechner ignoriert diese Fragestellung.

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