Herzenssache Abschottung

Nicht einmal wenn man sie braucht, wollen sich Deutsche mit Ausländern umgeben. Wirtschaftlich erklären lässt sich das nicht. kommentar von thomas uwer

Weder »Green Card« noch doppelte Staatsbürgerschaft, weder Einbürgerungsverfahren noch Zuwanderungsgesetz haben daran etwas geändert: Ausländerpolitik ist in Deutschland immer Abschottungspolitik, Ausländerrecht ein Sonderrecht für Fremde. Seit sich in den siebziger Jahren herausstellte, dass die so genannten Gastarbeiter keineswegs alle daran denken, bei ausbleibender Nachfrage wieder in ihre Herkunftsländer zu verschwinden, setzte eine Flut von Regelungen, Verordnungen und behördlicher Überverwaltung ein, in der absäuft, wer sich ihr nicht durch Flucht über die Grenze oder in die Ehe mit deutschem Partner entzieht.

Der unvermeidliche Zwischenruf zur Sache, diese Maßnahmen zielten auch gar nicht darauf, Einwanderung zu erleichtern, sondern nur darauf, jene ins Land zu holen, die wirtschaftlich verwertbar sind, ist bestenfalls halb richtig. Denn gekommen ist, wie Industrie und Wirtschaft beklagen, von den neuen Fachkräften keiner. Von denen, die vorher hier waren, sind nicht wenige wieder verschwunden. Dass man hierzulande Ausländer selbst dann nicht haben will, wenn man sie braucht, hat sich eben herumgesprochen. Wer will schon in ein Land, wo Regierung und Opposition, Behörden und Bevölkerung sich allesamt aufführen wie Kinder, die mit lautem Geschrei ihr Spielzeug verteidigen und sich dann beschweren, dass keiner mit ihnen spielen mag?

Wirtschaftlich erklärbar ist das nicht. Hat der Bund der Steuerzahler jemals die Milliardenverschwendung beanstandet, die mit Maßnahmen der Grenzsicherung, der Flüchtlingsverwaltung und -verwahrung, der Herkunftslandanalyse und Widerrufsprüfung, mit Rückkehrprogrammen und Rückführungsabkommen betrieben wird? Rechnete man die Kosten zusammen, so dürften sie jene locker übersteigen, die entstünden, fände der berüchtigte »Zuzug ins Sozial­system« tatsächlich statt. Nur rechnet man nicht, zumindest nicht, wenn es um eine Herzenssache geht. Diese Herzenssache war es wert, das Grund­gesetz zu ändern, das geliebte Blutsrecht soweit einzuschränken, dass sich auch die Zahl der zuziehenden Russlanddeutschen »kontingentieren« lässt, und der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen nur unter dem Vorbehalt beizutreten, dass diese nur für deutsche Kinder gilt.

Wirtschaftliche Nachfrage und Fachkräftemangel mögen stets neue Debatten über Zuwanderung auslösen. Am biestigen Unwillen, sich mit Anderen zu umgeben, ändern sie nichts. Dazu sind die Deutschen viel zu gerne unter sich. Und beschweren sich, dass keiner zu ihnen will.