Angriff auf den Regenbogen

Tschechische Neonazis haben eine Parade von Schwulen und Lesben angegriffen. Rechtsextreme Parteien distanzierten sich von der Gewalt, hetzen aber ungeniert weiter gegen Homosexuelle.

Mit Tränengasgranaten und Knallkörpern haben etwa 150 Neonazis eine Homosexuellenparade in Brno angegriffen. Mehrere Dutzend Menschen wurden verletzt. Angeführt wurde die Demonstration der Schwulen und Lesben, an der am 28. Juni 500 Menschen teilnahmen, von der Ministerin für Menschenrechte, Dzamila Stehliková (Grüne). Die Partei bildet seit vergangenem Jahr zusammen mit der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und den Christdemokraten (KDU-CSL) eine Regierungskoalition.
Mit ihrer und der Anwesenheit weiterer grüner Politiker versuchte man offensichtlich, sich als »Menschenrechtspartei« darzustellen. Das steht allerdings im Widerspruch zur Beteiligung an der neoliberalen Regierungskoalition. So fiel der Vorsitzende der Christdemokraten und stellvertretende Ministerpräsident, Jiri Cunek, etwa immer wieder durch rassistische Sprüche auf.
Die meisten im Parlament vertretenen politischen Parteien ignorierten die Demonstration der Schwulen und Lesben und verweigerten ihre Teilnahme. Die rechtsextremen Proteste gegen die Parade wurden von zwei nicht im Parlament vertretenen Parteien unterstützt. Dabei handelt es sich um die tschechische Nationalpartei und die Arbeiterpartei.

Die Nationalpartei ist eine ausgezeichnet organisierte kleine Gruppierung, die offensichtlich gute Finanzquellen hat. Sie verfügt im Vergleich zu anderen rechtsextremen Parteien über eine sehr professionelle Werbestrategie, eine gut gemachte Zeitung und aufwändig gestaltete Plakate. Das kostet alles viel Geld, woher es aber kommt, ist unklar. Als Vorbilder dienen der Nationalpartei der französische Front National und die italienische Alleanza Nazionale.
Die Parteivorsitzende Petra Edelmanova ist in der rechtsextremen Szene eine eher untypische Erscheinung. Die 31jährige promovierte Ökonomin wirkt in der Öffentlichkeit so eloquent und sympathisch, dass sich vor der Wahl im Juni 2007 auch schon Mirek Topolanek, Vorsitzender der ODS und inzwischen Ministerpräsident, mit ihr getroffen hat. Die Nationalpartei versucht, sich ein seriöses, konservatives Erscheinungsbild zu geben. So rief sie zwar zur Teilnahme an der Demonstration gegen die Regenbogenparade auf, distanzierte sich aber offiziell von jeder Gewalt. Die Partei unterstützt zudem den tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus und dessen europaskeptischen Kurs.
Ihr wahres Gesicht zeigte die Partei Ende vergangenen Jahres im Zusammenhang mit der Gründung der paramilitärischen Einheit Nationale Garde. Diese unbewaffnete, allerdings nach militärischen Prinzipien funktionierende Gruppierung soll die Bürger »vor den Homosexuellen schützen«, die von Angehörigen der Partei als »aso­zial« diffamiert werden. Die Formierung dieser Garde hatte zu heftigen Protesten von mehreren jüdischen und Roma-Organisationen geführt.

Die zweite an den Protesten gegen die Homosexuellen beteiligte Partei war die Arbeiterpartei. Sie ist mit der deutschen NPD zu vergleichen und betreibt eine noch extremere Politik als die Nationalpartei. Sie ist aus den Republikanern hervorgegangen und versucht, vor allem unter Arbeitern Sympathien zu gewinnen. Insbesondere in Nordböhmen verfügt sie über viele Mitglieder. Funktionäre dieser Partei sind auch schon auf Demonstrationen gemeinsam mit Rednern der Kommunistischen Partei Böhmen und Mähren (KSCM) aufgetreten.
Die Arbeiterpartei hat zu den Protesten aufgerufen, sich aber auch von den Gewaltausbrüchen distanziert. Die einzige rechtsextreme Organisation, die sich hinter die Gewalttäter gestellt hat, ist der so genannte Nationale Widerstand. Diese militante Gruppierung hat mehrere hundert Mitglieder und ist de facto die Jugendorganisation der Arbeiterpartei.
Innenminister Ivan Langer (ODS) hat nun ein Verbot der Nationalpartei nicht mehr ausgeschlossen. Im Fernsehen erklärte er, dass sich die Partei derzeit »raffiniert am Rande des Gesetzes« bewege. Sollte aber ein »letzter Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen«, dann werde ein entsprechender »Schritt getan«.