Der echte Beach Boy

Sie sangen andauernd über Girls, den Strand, die Sonne, das Meer und natürlich über das Surfen, die Beach Boys – und konnten in Wahrheit mit dem Brett, das einen über die Wellen trägt, gar nichts anfangen. Außer einer: Dennis Wilson, der Schlagzeuger, der, so wie Ringo bei den Beatles, Liebling beim Publikum war. Er war kein Genie wie sein Bruder Brian, litt an keiner manischen Depression und trieb sich nur mal gelegentlich mit den falschen Leuten rum, etwa mit Charlie Manson, dem er bei seinen Am­bitionen unter die Arme griff, es mal als singender Popstar zu versuchen.
Und er nahm selbst eine Platte auf: »Pacific Ocean Blue«, 1977 ist sie erschienen, mitten im großen Jahr des Punk. Die Platte ist ein echtes Meisterwerk, von der Kritik geliebt, blieb sie trotzdem weitgehend unbeachtet und wurde zu­letzt schon zu einem Mythos, da sie nie auf CD neu herausgebracht wurde. Bis jetzt, als fulminante Doppel-CD mit Bonustracks bis zum Abwinken. Auf dem Cover: der vollbärtige, gut aussehende Dennis Wilson vor der offenen See, ein echter Beach Boy in seinem Element. Die Musik selbst hat dann auch nichts von ihrer Kraft und Magie verloren, perfekt arrangierter, wahnsinnig lässiger Großpop ist das, so ame­rikanisch wie ein Burger, aber auch style­mäßig so top in Form wie es sonst eigent­lich nur die Engländer zu sein vermögen. Schade, dass man Wil­son nie mehr beim Surfen sehen wird, er er­trank 1983. Beim Tauchen, nicht beim Surfen.

Dennis Wilson: Pacific Ocean Blue (Sony)