Autonome Plünderer

»Wir kommen voran.« Mit diesen Worten kommentierte der Sprecher der oppositionellen Regionen, Mario Cossío, den Ausgang erster Gespräche der Konfliktparteien. Nach tagelangen gewalttätigen Auseinander­setzungen hat die Regierung am Montag mit den Präfekten der abtrünnigen Provinzen zu verhandeln begonnen. In Chile trafen sich Vertreter des südamerikanischen Staatenbunds Unasur zu einem Krisengipfels, um über eine Beilegung des Konflikts zu beraten. Die anwesenden Staatschefs stellten sich hinter Morales. Sie forderten die Anerkennung der Autorität der legitimen bolivianischen Regierung, betonten die Wichtigkeit der Wahrung der territorialen Einheit des Landes und sicherten zu, bei den Gesprächen zwischen Opposition und Regierung zu vermitteln.
Der lange schwelende Konflikt um eine Verfassungsreform war vergangene Woche eskaliert, nachdem Anhänger der Autonomiebewegung in der Stadt Santa Cruz Polizisten und Soldaten vertrieben hatten, die die regionale Steuerbehörde bewachen sollten. Den darauf folgenden Kämpfen fielen landesweit mindestens 30 Menschen zum Opfer. Wegen anhaltender Plünderungen und Gewalt durch rechtsgerichtete Gruppen hat die Zentralregierung für Teile des Landes den Ausnahmezustand verhängt. Morales machte die USA für die gewalttätigen Proteste mitverantwortlich und ordnete die Ausweisung des US-Botschafters Philip Goldberg an. Dieser soll die Autonomiebestrebungen der reichen Regionen und damit die Spaltung des Landes unterstützt haben. Umkämpfter Kern der Verfassungsreform ist das Vorhaben der Regierung, den Wohlstand aus dem rohstoffreichen Osten und Süden des Landes zugunsten der vor allem im westlichen Hochland lebenden Indios umzuverteilen. Vertreter der Opposition hatten bereits im August zu Protesten aufgerufen.   jg