Mafia-Mord in Kroatien

Keine Paranoia

Der Mord am kroatischen Verleger Ivo Pukanic steht im Zusammenhang mit den Prozessen wegen illegaler Waffenkäufe während der Kriege in Ex-Jugoslawien.

»Pukanic war ein Opfer, aber die Medien machen ihn zum Verschwörer«, sagte der Anwalt des Journalisten und Zeitungsverlegers Ivo Pukanic, nachdem dieser am vergangenen Donnerstag durch eine Autobombe getötet worden war.
Pukanic war aber keineswegs Opfer seines »inves­tigativen« Journalismus, er hatte beste Kontakte zu Politikern und Unternehmern Kroatiens. Er ver­teidigte bis zuletzt den Geschäftsmann Hrvoje Pe­trac, der dem mittlerweile vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag stehenden General Ante Gotovina Fluchthilfe leistete. Die Loyalität zu Petrac ist wohl eines der Motive hinter dem Mordanschlag. Petrac hatte 2004 den Sohn des ehema­ligen Generals und Verteidigungsministers Vladimir Zagorec entführt und gilt nun als wichtiger Zeuge gegen Zagorec, der demnächst vor Gericht stehen wird.
Zagorec, kürzlich von Österreich an Kroatien ausgeliefert, soll während der Kriege in Ex-Jugoslawien über österreichische Bankkonten Millionenbeträge für den Kauf von Waffen verschoben haben. Am 6. Oktober wurde bereits die Tochter seines Anwalts in Zagreb erschossen.
Mit Entführung, Mord und Drohungen soll Zagorec offensichtlich eingeschüchtert werden, damit er vor Gericht nicht zu viele Namen nennt. Eini­ge hochrangige kroatische Politiker und Tycoons dürften sich ansonsten ebenfalls bald vor Gericht einfinden.
Der Mord an Pukanic könnte also die Antwort auf diese Einschüchterungsversuche gewesen sein. Die Angst vor einer Mordserie, die Staatspräsident Stipe Mesic mit »Wer ist der Nächste?« zum Ausdruck brachte, scheint berechtigt, auch wenn Pu­ka­nic noch kurz vor seiner Ermordung in einem Artikel vor der »kollektiven nationalen Paranoia vor Kriminellen und irgendeiner Mafia« gewarnt hatte. Er wusste es sicherlich besser, gehörte ihm doch eines der größten Verlagshäuser Kroatiens, die NCL Media Grupa, zu der auch die von ihm gegründete Wochenzeitung Nacional gehört.
Für seine »investigativen« Artikel erhielt Pukanic mehrere Auszeichnungen des kroatischen Journalistenverbandes, darunter auch eine für ein Interview, das er 2003 mit dem zu dieser Zeit flüchtigen General Ante Gotovina geführt hatte.
Zuletzt konnte aber auch der Journalistenverband das heroische Bild von Pukanic nicht mehr aufrechterhalten. Nachdem dieser seine Ehefrau mit Hilfe der Polizei in die Psychiatrie hatte einliefern lassen und ihre medizinischen Diagnosen in seiner Zeitung veröffentlicht hatte, wurde er vom Berufsverband ausgeschlossen.
Viele seiner »investigativen« Artikel, die in Nacional erschienen, waren von ähnlicher Qualität, nur dass sie sich oft gegen Linke richteten, für die man auch im Journalistenverband nicht viel übrig hat. So hatte Nacional über die in den Bankrott getriebene linke Wochenzeitung Feral Tribune nichts weiter zu sagen, als dass die Redak­teure sich bereichert hätten und zahlreiche Häuser besäßen. Eine Anzeige wegen böswilliger Verleumdung haben die Redakteure bereits erstattet. Pukanic wird sich nicht mehr dazu äußern müssen, durch welche Verbindungen er eigentlich zu seinem Vermögen gekommen ist.