Über den »Nacktscanner«

Nacktes Entsetzen

Die Aufregung um Ganzkörperscanner an Flughäfen ist verdächtig.

Aufgeweckte Yps-Leser hätten mit einem »Nackt­scanner« als Gimmick großen Spaß gehabt. Aber Yps gibt es nicht mehr, und so kann es sich bei der neumodischen Erfindung nur um etwas handeln, womit man lieber nichts zu tun haben möchte. Seltsam bloß, dass »Deutschland« und sogar Wolfgang Schäuble (CDU) genauso denken.
»Deutschland sagt Nein«, schrieb das Blatt, das bekanntlich Tag für Tag blanke Brüste auf Millionen Frühstückstische in Deutschland serviert, und fragte in empört-frivoler Manier: »Werden bald nackte Tatsachen das Flughafenpersonal in ganz Europa beglücken?« Peter Hahne durfte in der Bild-Zeitung sogar mit bestechender Logik anführen, die derzeitigen Kontrollmaßnahmen seien doch wohl ausreichend, da ja in den vergangenen Jahren kein Flugzeug aus den EU-Staaten in der Luft gesprengt worden sei. Dagegen vermisste man das Argument, dass, wer nichts zu verbergen hat, auch keine Unannehmlichkeiten befürchten müsse. Schäuble ließ eine Sprecherin verkünden: »Ich kann Ihnen mit aller Klarheit sagen, dass wir diesen Unfug nicht mitmachen.« Und spontan fiel einem so allerhand Unfug ein, für den Schäuble im Laufe der Jahre verantwortlich zeichnete.
Doch eine von der EU-Kommission befürwortete Maßnahme abzulehnen, kommt immer gut. Da muss plötzlich die Erniedrigung des unbescholtenen Bürgers mit der Hüftprothese herhalten, der längst auch ohne Ganzkörperscanner am Flughafen in Schwierigkeiten geraten kann, wenn der Metalldetektor piepst und er gerade seinen Endoprothesenpass nicht parat hat. Und als würden nicht täglich Passagiere, die wegen äußerlicher Merkmale als verdächtig gelten, mit willkürlichen Kontrollen und Leibesvisitationen erniedrigt.
Tatsächlich sind die Bilder des »Nacktscanners«, die man in allen Medien bewundern konnte, so sexy wie Röntgenaufnahmen und als Pin-ups gänzlich ungeeignet. Das Flughafenpersonal, das sich so viele »nacktgescannte« Personen wie Inhalte von Handtaschen anschauen müsste, wäre ungefähr so sehr zu beneiden wie jemand, der im Akkord Reizwäsche zu verpacken hat.
Wolfgang Schäuble will die Vorratsdatenspeicherung, den Bundestrojaner, Rfid-Chips, Überwachungskameras und vieles Hässliche mehr. Wahr­scheinlich verspricht er sich vom »Nackt­scanner« schlicht nicht viel, da dieser, zumindest nach dem bislang vorgesehenen Gebrauch, keine neuen, personenbezogenen Daten einbringt.