Rakete mit Rückenwind

»Gewollt hab’ ich schon gemocht, aber gedurft ha’m sie mich nicht gelassen.« Dieses philosophisch anmutende Zitat beschreibt recht treffend die vergangenen Jahre im Leben von Lothar Matthäus. Als er sich im Jahr 2000 aus dem Fußballzirkus zurückzog, musste eine neue Idee her: »Schiedsrichter kommt für mich nicht in Frage, schon eher etwas, das mit Fußball zu tun hat.« Also wurde er Trainer. Doch nach sechs Stationen als Übungsleiter in sieben Jahren (zweimal Österreich, dazu Serbien, Ungarn, Brasilien und bei RTL2) schien der Traum, der strahlenden Profikarriere eine eben solche als Trainer folgen zu lassen, geplatzt. Der FC Bayern wollte sich Matthäus nicht mal als Greenkeeper in der Allianz-Arena vorstellen, und in der restlichen Bundesliga galt er als »nicht vermittelbar«. Doch mit seinem Engagement beim israelischen Erstligisten Maccabi Netanya ging Matthäus’ Trainer-Stern auf. Bereits beim Trainingauftakt im Juli 2008 stürmten freudetrunkene Anhänger nach nur 30 Minuten den Platz und trugen Matthäus mit lauten »Lothar, Lothar«-Sprechchören über den Platz. Mittlerweile hat er den Verein auf Platz zwei geführt und lässt Netanya von der Meisterschaft träumen.
In Herzlia, nördlich von Tel Aviv, hat Matthäus auch privat ein neues Zuhause gefunden. Wo die Reichen und Schönen Tel Avivs wohnen, findet sich der gelernte Münchner bestens zurecht (»Die Schuhe müssen immer zum Gürtel passen«).
Selbst der Krieg im Gaza-Streifen kann Matthäus nichts anhaben. »Ich habe eine Verbundenheit mit Israel«, sagte er. Deshalb kehrte er auch sofort nach seiner Heirat in Las Vegas wieder nach Israel zurück. »Wir fühlen uns derzeit absolut sicher«, sagte Matthäus. Zwar habe es eine Rakete der Hamas neulich bis Gedera, 30 Kilometer südlich von Tel Aviv, geschafft, doch Matthäus vermutete: »Vielleicht hatte die Rakete Rückenwind.« Die Fröhlichkeit und das Nach-Vorn-Schauen hat er sich von den Einheimischen abgeschaut. Frei nach seinem eigenen Motto: »I look not back, I look in front.«