Die neue Regierungskoalition in Zimbabwe

Knast oder Cholera

In Zimbabwe wird die Opposition an der Regierung beteiligt. Die Macht behält Präsident Mugabe jedoch für sich.

Es gibt viele miese Jobs und viele unangenehme Vorgesetzte auf der Welt. Doch kaum jemand ist weniger um seinen Arbeitsplatz zu beneiden als Morgan Tsvangirai, der neue Premierminister Zimbabwes. In der vergangenen Woche wurde nach monatelangen Verhandlungen eine Koa­litionsregierung gebildet, Tsvangirai und andere Mitglieder der Oppositionspartei MDC sollen nun an der Seite des autokratischen Präsidenten Robert Mugabe und seiner Gefolgsleute regieren. Die Aufteilung der Ämter spricht Mugabe die Staatsführung und seinen Anhängern die Kontrolle über Justiz, Polizei und Armee zu, die MDC-Minister sind unter anderem für Finanzen und Gesundheit zuständig.
Es wird die Aufgabe der MDC-Minister sein, eine Lage zu bewältigen, die als katastrophal zu bezeichnen noch beschönigend wäre. Die Arbeitslosenrate beträgt 80, vielleicht auch schon 90 Prozent. Während die Ökonomen rätseln, ob die Inflationsrate bei 200 Millionen Prozent liegt oder bereits fünf Milliarden Prozent überschritten hat, haben sich die Händler entschieden, ihre Waren nicht mehr für Zimbabwe-Dollar herauszugeben. Sie verlangen US-Dollar, über die jedoch nur wenige Zimbabwer verfügen. Das System der staatlichen Dienstleistungen ist zusammengebrochen, die Cholera, an der bereits 3 400 Menschen gestorben sind, breitet sich weiter aus.
Mugabe kann bei diesem Deal nicht verlieren. Tsvangirais wichtigste Aufgabe wird es sein, das westliche Ausland zu bereisen und die Kreditwürdigkeit wiederherzustellen, die sein Chef, Präsident Robert Mugabe, verspielt hat. Es dürfte nicht einfach sein, den mit der Rettung ihrer jeweiligen nationalen Wirtschaft vollauf beschäftigten westlichen Regierungen die für einen Relaunch der zimbabwischen Ökonomie nötigen Milliarden abzuringen. Sodann müsste das Geld dem Zugriff des weiterhin von Mugabe kontrollierten Klientelsystems entzogen werden.
Versagen die MDC-Minister, hat Mugabe die Opposition erfolgreich diskreditiert. Sollte es ihnen wider Erwarten gelingen, einen wirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten, können sie bestenfalls damit rechnen, gefeuert zu werden, wenn Mugabe sie nicht mehr braucht. Wahrscheinlicher ist, dass der Präsident sie dann, wie in der Vergangenheit mehrfach geschehen, verhaften und verprügeln lässt. Bei der Vereidigung des neuen Kabinetts am Freitag der vergangenen Woche fehlte Roy Bennett, der zukünftige Vizelandwirtschaftsminister. Er war bei der Einreise aus dem südafrikanischen Exil verhaftet worden. Das ist Mugabes Art, seine neuen Mitarbeiter zu loyaler Kooperation zu ermutigen.
Die Opposition ist gescheitert. Ihre Wahlsiege wurden vom Regime ignoriert, ihre Demonstrationen ließ Mugabe von der Polizei und seinen Schlägertrupps auseinanderprügeln, und ihre stärkste Waffe, der Generalstreik, ist wirkungslos geworden, weil ohnehin kaum noch etwas pro­duziert wird. Den bewaffneten Kampf kann und will das heterogene Oppositionsbündnis MDC, dem Großgrundbesitzer ebenso angehören wie Gewerkschafter, nicht organisieren. Eingeschüchtert von der Gewalt und bedrängt von der »internationalen Gemeinschaft«, die vor allem an einer Stabilisierung der Verhältnisse interessiert ist, blieb den Oppositionellen kaum etwas anderes übrig, als sich auf einen Deal einzulassen, der ihnen wenigstens eine Atempause verschafft.