Bleibt gut!

Der letzte linke Student hadert. Kann der letzte linke Student überhaupt hadern? Schließlich ist der letzte linke Student doch ein linker Student und folglich auf der Seite der Zukunft. Wenn aber die Zukunft mit einem ist, wie kann man unfroh sein? Wie kann man leiden? Der letzte linke Student hadert, denn er weiß nicht mehr, welchem Kommunismus er trauen kann.
Aber: gibt es überhaupt mehrere Kommunismen? Und wenn ja, wäre man dann nicht mehrere Kommunisten und nicht nur ein Kommunist? Kann man jedoch mehrere sein? Und wäre man, so das ginge, dann nicht eine Masse? Die Masse: die es braucht, um die Revolution zu machen? Vor allem aber: wie eigentlich hat der letzte linke Student entdeckt, dass es mehrere Kommunismen gibt? Das war eine Hoffnung. Aber: Hoffnung ist falsch. Wissen: ist richtig. Der letzte linke Student ist keine Masse. Folglich: gibt es nur einen Kommunismus.
Das wiederum ist traurig. Der letzte linke Student hat nämlich gelesen, dass der Kommunismus nicht moralisch ist, sondern politisch. Doch: geht es nicht immer um die Moral? »Weil ich Kommun. bin, will ich gut sein. Politik ist nicht immer gut, Politik ist oft auch schlecht. Aber schlecht will ich nicht sein, sondern gut. Nun ist Kommunismus aber Politik und nicht Moral. Daher muss ich Moralist werden, denn Kommunist darf ich nicht länger sein.« So steht es im besonderen Notizbuch des letzten linken Studenten. Dieser Gedankengang ist wahr und klar. Daher hadert der letzte linke Student. Er war: ganz lang Kommunist. Nur totalitär: war er nie. Dennoch: es ist ein schmerzlicher Abschied. Darf der letzte linke Student also weinen? Wir wissen es nicht. Doch sollten auch wir die Härten erkennen, die uns das Leben immer wieder abverlangt.