»Stramme Jungs«

Der Pressesprecher der Erzdiözese Wien sah keinen Grund zu größerer Aufregung: Die Kirche habe nicht gewusst, dass ein Text des damaligen Kardinals Josef Ratzinger und derzeitigen Papstes 1998 in einem Buch des rechtsextremen österreichischen Aula-Verlags nachgedruckt worden sei (Small Talk, Jungle World 8/09). Karl Öllinger, ein Abgeordneter der Grünen im österreichischen Nationalrat, äußert jedoch Zweifel an der Darstellung der katholischen Kirche.

Nach Angaben des Pressesprechers der Erzdiözese Wien hat die Kirche bis vor kurzem nichts von dem Nachdruck gewusst.

Das ist erstaunlich. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands ging schon 1998 mit der Kritik an dem Buch an die Öffentlichkeit, die vertretenen Autoren sind ja stramme Jungs und teilweise Nazis. Außerdem wird in dem Buch ausdrück­lich darauf hingewiesen, dass man sich Ratzingers Erlaubnis zum Nachdruck eingeholt habe. Die Kirche duckte sich aber damals wie heute weg.

Der Pressesprecher hat zudem behauptet, ein Herausgeber des Buches, der Rechtsextremist Otto Scrinzi, sei tot, rechtliche Schritte seien deshalb überflüssig.

Scrinzi lebt. Ich vermute, es geht ihm eigentlich viel zu gut.

In dem Text des damaligen Kardinals Ratzinger sei kein rechtes Gedankengut zu finde, heißt es von kirchlicher Seite. Stimmt das?

Der Text enthält eine Demokratiekritik, die für sich genommen in einer wissenschaftlichen Abhandlung stehen könnte. Aber er steht in einem Kontext: Die anderen in dem Buch vertretenen Au­toren setzen sich von einer rechtsextremen Position aus mit der Demokratie auseinander. Wenn man Ratzingers Beitrag in die­sem Kontext liest, leuchtet es ein, dass sich auch Horst Mahler auf ihn beruft.

Zu welchem Anlass hat Horst Mahler den Text herangezogen?

Im Prozess gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel. Auf der Internetseite von Zündel ist Mahlers Vortrag einzusehen, mit einem Zitat von Ratzinger.