Tote arbeiten nicht

Im Januar 2008 wird die Leiche der slowakischen Pflegerin Denisa Soltísová in einem Fluss in Österreich angeschwemmt. Selbstmord, sagen die österreichischen Behörden. Wie die Obduktion in der Slowakei jedoch ergibt, weist ihr Körper Hämatome auf. Eine versuchte Vergewaltigung? Und die Medikamente, die man im Magen der Toten findet, musste die 29jährige jedenfalls aus gesundheitlichen Gründen nicht einnehmen.
Der Journalist Martin Leidenfrost erfährt über slowakische Medien von dem Kriminalfall, der in Österreich keiner ist. Und macht sich auf die Suche nach dem Mörder von Denisa Soltísová, die als eine von 40 000 slowakischen Pflegekräften in Österreich arbeitete. Die Recherche bleibt erfolglos: Jeder Verdacht, gegen den Enkel der Arbeitgeberin, gegen einen bosnischen Mitbewohner, zerschlägt sich.
Die Umstände ihres Todes bleiben im Dunkeln, wie auch das Leben der Denisa S., die zuletzt als Pflegerin eines 91jährigen Mannes in einer angesehenen Familie tätig war. Was der Autor reichlich findet, sind Gleichgültigkeit und Obrigkeitshörigkeit auf österreichischer Seite, etwa von Denisas früherer Arbeitgeberin oder anderen Bewohnern des Ortes: Dieses Desinteresse bildet den Hintergrund des mysteriösen Falles. Eine slowakische Pflegerin, die illegal in Österreich beschäftigt wird, dieser schaurige Verdacht drängt sich bei der Lektüre auf, ist nur so lange von Interesse, wie sie einsetzbar ist: Denn eine Tote ist ­keine Arbeitskraft.

Martin Leidenfrost: Die Tote im Fluss. Der ungeklärte Fall Denisa S. Residenz-Verlag, Salzburg 2009, 143 Seiten, 14,90 Euro