Heiler und Hexenjäger

Die bewaffneten Polizsten »umstellten unser Dorf und bedrohten die Bewohner«, berichtet ein Augenzeuge. »Sie such­ten willkürlich mehr als 300 Männer und Frauen heraus.« Die Razzia galt nicht gewöhnlichen Regimekritikern, sondern einem gefährlicheren Feind: Hexern. Einem in der vergangenen Woche von Amnesty international veröffentlichen Bericht zufolge glaubt der gambische Präsident Yahya Jammeh, der Tod seiner Tante sei durch Zauberei verursacht worden. Da gegen Zauberei ordinäre Gewalt allein wirkungslos ist, setzt Jammeh auch »Zauberdoktoren« ein. Insgesamt 1 000 Menschen wurden verschleppt, man verabreichte ihnen zwangsweise Halluzinogene und dubiose Kräutertränke. Manche wurden gezwungen, sich als Hexer zu bekennen, viele wurden geschlagen und teilweise lebensgefährlich verletzt, zwei Menschen sind an den verabreichten Substanzen gestorben. »Das sind Methoden des dunklen Mittelalters«, sagte ein Zeuge. Viele Verdächtigte fliehen nun mit ihren Familien nach Senegal.
Jammeh war Offizier der Militärpolizei, als er 1994 putschte, und wurde mit einem Alter von 29 Jahren das weltweit jüngste Staatsoberhaupt. Dass oppositionelle Zauberer ihm schaden wollen, entdeckte er im Jahr 2006. Sie hätten Löwenkadaver und mit Palmwein gefüllte Kalebassen in der Nähe der Regierungsgebäude vergraben, um die Wirtschaft Gambias zu zerstören. Doch Jammeh bemüht sich, der schwarzen Magie zu trotzen. Ein Jahr später verblüffte er die in seiner Residenz versammelten Botschafter. »Ich kann Asthma und HIV/Aids behandeln, und die Heilung erfordert eine eintägige Kur«, sagte der Präsident. Denn »mit dem Koran und einigen Naturkräutern« lasse sich jede Krankheit heilen. Seitdem behandelt er Patienten mit Handauflegen, dem Einreiben mit einer »geheimen« Tinktur, einem gelben Trank; das Essen von genau zwei Bananen rundet das Verfahren ab. Wirk­lich Angst hat Jammeh jedoch nicht vor Hexern: »Nur Gott kann mich entmachten.«