Über den eskalierenden Machtkampf in Teheran und Attac Deutschland

Das Chaos regiert

Während sich die Fraktionen der iranischen Theokratie unter dem Druck der Protestbewegung gegenseitig zerfleischen und Hunderttausende Exiliraner in aller Welt gegen das Regime demonstrieren, stellt sich Attac Deutschland dumm.

Ärger, nichts als Ärger! Den hat Mahmoud Ahmadinejad, seit er bei »den freiesten und gesündesten Wahlen der Welt«, wie er die groteske Wahlfarce vom 12. Juni bezeichnete, vom »Obersten Führer« Ali Khamenei zum Sieger und designierten Präsidenten erklärt wurde. In der vorigen Woche hat er sich nun auch mit seinem mächtigen Mentor Khamenei angelegt, weil er den Schwiegervater seiner Tochter – Verwandtschaft verpflichtet! –, Esfandir Rahim Meshaie, zum ­Vizepräsidenten ernannt hatte. Dieser aber hatte dereinst gesagt, der Iran sei auch »ein Freund des israelischen Volks«. Die Ernennung löste einen Proteststurm von Ahmadinejads »konservativen« und »radikalen« Verbündeten aus und ein Machtwort Khameneis, der forderte, Ahmadinejad müsse Meshaie fallenlassen. Das tat er dann auch, allerdings erst nach einer Woche, was der Autorität des »Obersten Führers« wenig förderlich ist, dem auf den Straßen Irans ebenso wie Ahmadinejad der Slogan »Tod dem Diktator« entgegenschallt. Am Sonntag feuerte Ahma­dinejad seinen Geheimdienstminister, der es angeblich gewagt hatte, ihm in Sachen Meshaie zu widersprechen. Sein Kulturminister legte unter Verweis auf die »Schwäche der geschätzten Regierung« sein Amt nieder. »Ein chaotischer Tag für die Regierung«, donnerte die »konservative« Zeitung Emrouz tags darauf.
Zu allem Überfluss hatten die Schergen des Regimes im Teheraner Evin-Folterknast einen auf ­einer Protestdemonstration festgenommenen Jungen totgeschlagen – wie so viele andere. Aber das Opfer ist der Sohn eines Freundes des »konservativen« Präsidentschaftskandidaten Mohsen Rezaie. Nun ertönen Rufe nach dem Ende der »Barbarei« auch aus dem Establishment Irans.
Für Attac Deutschland aber stellt sich die Situa­tion im Iran als unübersichtliche »Gemengelage« dar. Auf der Attac-Webpage ist unter einem verzweifelten Aufruf zur Solidarität mit der Protestbewegung im Iran zu lesen: »Attac unterstützt soziale und emanzipatorische Bewegungen weltweit, kann und muss aber nicht zu jeder Zeit zu jedem Thema eine einvernehmliche Erklärung abgeben. Einen Einblick in die Gemengelage, die die Bewertung der Situation im Iran erschwert, gibt ein Interview in der Jungen Welt mit Willi Langthaler von der Antiimperialistischen Koordination in Wien.« Dieser gibt solche denkwürdigen Sätze von sich: »Die Ausstrahlungskraft des wiedergewählten Präsidenten ergibt sich aus der Kombination von sozialen Versprechungen, radikalem Islamismus und Antiimperialismus.«
Die »Ausstrahlungskraft« Ahmadinejads wird man am 5. August bewundern dürfen, wenn er erneut als Präsident inthronisiert werden soll. Schon hat ein Enkel Khomeinis angekündigt, zu dieser Zeit im Ausland weilen zu wollen, um nicht an der Inaugurationsfarce teilnehmen zu müssen. Das wird ein Bombenfest!