Textilkonzerne in den USA wollen keinen Putsch in Honduras

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Textilkonzerne aus den USA protestieren gegen den Putsch in Honduras.

Was für ein Glück, dass der honduranische Putschpräsident Roberto Micheletti kein Muslim ist. Denn seine Machtübernahme hat nach Präsident Barack Obama nun auch die US-Textilindustrie verurteilt. In einem Brief an Außenministerin Hillary Clinton forderten Nike, Adidas und wei­tere Firmen, die in den honduranischen Maquiladoras Textilwaren nähen lassen, in der vergangenen Woche die Wiederherstellung der bürgerlichen Freiheiten und kritisieren explizit das Notstandsdekret der Putschisten.
Der geläufigen antiimperialistischen Logik zufolge kann es sich angesichts solcher Fürsprecher bei der Protestbewegung eigentlich nur um eine von der CIA gesteuerte Verschwörung handeln, zumal Micheletti wie sein iranischer Kollege Mahmoud Ahmadinejad jede Einmischung zurückweist: »Kein Land, egal wie mächtig, wird uns sagen, was wir tun müssen.« Doch der gestürzte Präsident Manuel Zelaya muss nicht ­damit rechnen, mit Turnschuhen beworfen zu werden, denn es gibt ja den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der den Antiimperialisten die Deutung vorgibt und Zelaya unterstützt.
Einig ist sich die Geschäftswelt der USA im Übrigen nicht. Die Retail Industry Leaders Association wünscht sich »Verlässlichkeit« und ungestört fortdauernde Wirtschaftsbeziehungen, also einen Verzicht auf Sanktionen, der den Putschisten nützen würde. Die Stellungnahme der Textilindustrie mag nicht zuletzt dem Ziel dienen, das schlechte Image der Branche zu bekämpfen. Doch die Zeiten, da Konzerne wie United Fruit in Mittelamerika mächtiger waren als jeder Politiker und sich verlässlich an die Seite rechtsextremer Diktatoren stellten, sind offenbar vorbei.
Das sagt allerdings vielleicht weniger über die Konzerne aus, die in gut funktionierenden Diktaturen wie China wenig Engagement für die Demokratisierung zeigen, als über die neue lateinamerikanische Linke. Sie bemüht sich letztlich um die nachholende kapitalistische Modernisierung. Ein Ausbau der Infrastruktur und ein rudimentärer Sozialstaat, der dafür sorgt, dass nicht mangels medizinischer Versorgung die Arbeiter fehlen, wenn ein Auftrag zu erledigen ist, kommen auch der Geschäftswelt zugute. Das Privat­eigentum an Produktionsmitteln stellt der »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« nicht in Frage.
So wirkt die antiimperialistische Kritik an Obama, dem vorgeworfen wird, nicht konsequent genug zu sein und vielleicht doch hinter dem Putsch zu stecken, etwas bemüht. Man will nicht wahrhaben, dass Chávez und Obama sich tatsächlich über Honduras weitgehend einig sind. Die internati­onale Isolation schwächt die Putschisten. Für die protestierenden Honduraner ist das eine gute Nachricht, auch wenn ihr Sieg zunächst nur bedeuten wird, dass sie ohne Gewehrlauf an der Schläfe Turnschuhe nähen dürfen.